nun sind wir selber das schwarze schaf

ich wollte nie mehr über das berühmt-berüchtigte plakat aus dem jahre 2007 schreiben. doch jetzt kann ich nicht mehr anders.

2561252664_88b19dc2b7schwarze schafe: ein phänomen der natur, das unsere aufmerksamkeit erreicht. aber keine denkschablone, die geeignet ist, soziales und politisches verhalten zu legitimieren.

august 2007 in der schweiz und in der welt
die svp startete die hauptphase ihres wahlkampfes mit dem schäfchenplakat. die weissen schafe stossen das schwarze aus, will heissen: die unfehlbaren schweizerInnen schliessen die kriminellen ausländerInnen aus.

die polarisierung sass in zeiten des wahlkampfes. hüben und drüben diskutierte man das svp-weltbild: einheimische gegen fremde, gut gegen böse, weisse gegen schwarze, bleibende gegen ausgeschlossene.

das plakat sei ungerecht, schädige den ruf der schweiz im ausland, schaffe selber unsicherheiten, meinten die opponenten, noch bevor es wegen seiner pauschalen verurteilung vom ausland her als rassistisch kritisiert wurde. schliesslich zog es die partei zurück und ersetzte es durch die blocher-affiche zu seiner widerwahl im bundesrat.

das sujet des svp-plakates wurde in der folge im ausland x-fach nachgeahmt. in der rechtskonservativen szene erhielt es kult-status. und im gesellschaftlichen umgang wurde das ausstossen zu einer nicht mehr verpöhnten verhaltensweise.

februar 2009 in der welt und in der schweiz
die amerikaner und europäer kritiseren das schweizer bankgeheimnis hemdsärmlig. es lasse steuerhinterziehung im grossen masse zu, ist der heftig vorwurf. die aktuellen wirtschaftslage zwinge, die privilegierung der reichen auszuschliessen, war die sachliche botschaft.

vorgetragen wurde sie indessen im stil des svp-plakates. die schweizer als schurkenstaat. die schweiz als steueroase. die schweiz als hort der gesetzesbrecher.

der g-20 gipfel reagierte, wie wenn er bei der svp nachhilfestunden genommen hätte. mit dem feind verhandelt man nicht. vielmehr lässt man ihn vor die tür.

selbst die sprache gleicht sich an: jetzt ist die schweiz der weisse fleck auf der landkarte, den es nicht mehr geben dürfe, meinte am sonntag die bundeskanzlerin merkel. trockelegen will man die wasserreichen stellen, bis nur noch die wüste bleibt, hiess es aus london.

die lehre aus dem vergleich für die schweiz, oder teile von ihr
es bleibt nur ein schluss. ohne dass sie es richtig gemerkt hat, ist die schweiz das schwarze schaf geworden. jetzt ist sie die abweichlerin, die man nicht mehr tolerieren will, die böse, gegen die man zu gerichte sitze, die ausgeschlossene, welche die macht zu spüren bekommt

der machanismus ist vergleichbar. denn der nötige respekt geht in beiden fällen vor die hunde, wenn das wort erlaubt ist. für die schweiz wäre es der moment, über sich selber nachzudenken: wie sie, oder teile von ihr, mit ländern umgeht, die man an unterlegene betrachtet, wie sie, oder teile von ihr, mit menschen umgeht, die ihr recht auf eigensinn gegen die pflicht auf anpassung verteidigen, wie sie, oder teile von ihr, erwarte, dass man sie betrachtet, selber wenn man unterlegen ist, und wie sie, ohder teile von ihr, darauf pochen, sich selber definieren zu dürfen, selbst wenn der mainstream in eine ganz andere richtung geht.

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

15 Gedanken zu „nun sind wir selber das schwarze schaf“

  1. Man kann sich aber auch fragen, wo denn da jahrelang der Respekt der Schweiz zu finden war, wenn man so tat, als sei alles kein Problem, andere Länder nicht ernst nahm, was Steuerflucht anging, wenn man einfach auf das Papier und die Paragraphen verwies. Dass das ausgesprochen arrogant wirken konnte, kann auch gesagt werden. Man sagte einfach: Das Bankgeheimnis sei unverhandelbar, Punkt. Das kann man ja für in der Schweiz Steuerpflichtige so handhaben, aber man muss sich nicht wundern, wenn jetzt die EU vorwärts machen will, was ihre Leute betrifft, nicht mehr gross verhandeln will, da keine Geduld mehr hat.

  2. Hopla, jetzt hat es uns Schweizerinnen und Schweizer doch noch erwischt. Und was jetzt?
    Hierzu eine wertfreie Frage: Wie viel Zeit verbringen wir damit, an die Vergangenheit zu denken, wie viel an das jetzt und wie viel an die Zukunft.
    Daraus ergeben verschiedene Neigungen:
    Erinnerungsgetriebene: Sie denken 40% in der Vergangenheit und verbringen je 30% in der Gegenwart und in der Zukunft.
    Träumer/innen: Sie verbringen 65% in der Zukunft, 5% in der Vergangenheit und 30% in der Gegenwart.
    Realisten: Sie verbrigen 70% in der Gegewart, 10% in der Vergangenheit und 20% in der Zukunft.
    Und dann gibt es noch die, welche die Vergangenheit zur Zukunft machen wollen.
    Zurück in die nostalgische Zukunft, wo wir noch stolz sein konnten auf unseren Sonderfall, die Swissair, unser drei grossen von Bankgeheimnis geschützten Banken (UBS, SBV und SKA), etc. Doch letzteres geht irgendwie nicht, denn wie heisst es doch so schön:
    Gouverner c’est prévoir (nicht revoir!)…… ob hier wohl eine Verständnisfehler vorliegt?

  3. Die Frage ist einfach, ob die EU akzeptieren wird, wenn die Schweiz auch Amtshilfe leistet bei Hinterziehung oder ob sie auf den automatischen Austausch von Daten pocht. Gemäss Rohner (im Club gestern) wird eben auf den automatischen Austausch gepocht. Ich finde, dass in diesem Punkt in der Öffentlichkeit auch von linker Seite her oft ungenau und verwirrend argumentiert wird. Es macht schon einen Unterschied, ob auf Anfrage Daten herausgerückt werden oder einfach automatisch. Auf der anderen Seite finde ich das etwas störend: Für Schweizer Steuerpflichtige müsste man nichts ändern, wenn das sog. Volk es denn will. Leute jedoch, die ihr Geld in der Schweiz deponieren, die müssten über politische Aktionen in ihren EU-Wohnländern allenfalls Änderungen punkto Umgang mit Bankdaten verlangen.

  4. Die EU und insbesondere Deutschland scheinen ohnehin ein anderes Empfinden bezüglich Datenschutz zu haben – zumindest das “offizielle” Deutschland. Das zeigte sich schon bei der Dikussion um Daten betreffend Flugreisen oder die Überwachung des öffentlichen Raums mittels Kameras.

    Zum Datenaustausch: Es wird nichts so heiss gegessen wie es gekocht wird. Hierzu arbeitet die Zeit eher für die Schweiz, denn langsam merkt man auch in der EU, dass sich in ihrem eigenen “Hoheitsgebiet” Steueroasen befinden.

    Wir sind trotz allen Vorkommnissen keine Bananenrepublik, sondern immer noch ein Rechtsstaat. Und so wird uns die EU vertrauen können, dass wir die Daten liefern, wenn ein entsprechendes Gesuch auf rechtlichem Wege eingeht.

    Viel wichtiger scheint mir der gestern geäusserte Wunsch, nun proaktiv, emotionslos und mit kühlem Kopf einen konkreten Vorschlag sowohl der EU wie den USA zu unterbreiten. Gouverner, c’est prévoir und nicht wie BR Merz sagte: Abwarten auf die Frühlingssession…

  5. Bundesrat Hans-Rudolf Merz kündigte heute einen strategischen Ausschuss an, der den Finanzplatz Schweiz verteidigen wird! Er selber übernimmt den Vorsitz. Nun nimmst sich also Herr Merz auch noch selber zum Anwalt!. Wie sagt man im Volksmund? Den Bock zum Gärtner machen! Merz ist Teil des nach einhelliger Einschätzung hilflosen Bundesrates, der sich Verfassungs- und Gesetzesbrüche erlaubt hat und vermutlich unfreiwillig noch weitere plant bzw. das Bankgeheimnis und die Reputation der Schweiz, oder was davon noch übrig bleibt, definitiv verbockt. Ich sehe schwerz….sorry schwarz.

  6. Ungünstig ist sicher auch, dass der Bundesrat selbst nicht so sicher zu sein scheint:

    Streit im Bundesrat: «Merz’ Task Force ist ein Kaffeekränzli»
    http://www.derbund.ch/schweiz/standard/Merz-Task-Force-ist-ein-Kaffeekraenzli/story/16653104

    Wobei es ja eigentlich auch logisch ist, dass sich bei solchen Sachen die unterschiedlichen Ansätze auch im Bundesrat spiegeln. (Zudem ist der Mooser vom Tagi nicht immer so ganz ein zuverlässiger Schreiber, hat mitunter so etwas Tratschhaftes in seinen Zeilen.)

  7. es wird nichts so heiss gegessen wie es gekocht wird.

    die EUdSSr steht nun mal auf wackeligen beinen. immer weniger ihrer mitglieder können sich erlauben andere mitglieder so massiv zu unterstützen wie sie es bisher taten. kein wundern schielen die nun ganz gierig auf die heile schweiz. die glauben wohl immernoch in jedem luftschutzkeller hier in CH hats ein tresor mit milliarden von goldbaren.

    und solange nur gestritten wird am verhandlungstisch ist es mir lieber als wenn auf einmal die waffen sprechen.

  8. Nun seien wir selber das schwarze Schaf, meint der Stadtwanderer, und ich füge hinzu: Und Piraten sind wir auch, entreissen wir doch den USA und den EU-Ländern ungefragt Steuereinnahmen. Bald wir die EU wohl die “Operation Matterhorn” lancieren und mit schwarzen Raben auf die Schweiz einhacken. Vor ein paar Jahren hätten wir noch mit Brieftauben zurückschlagen können, aber damit wird nun nichts. Aber hey, wofür haben wir sonst eine milliardenteure Armee? Verteidigen wir doch damit das Schweizer Bankgeheimnis, zumal wir nun ja wieder einen Chef der Armee haben… 😉

  9. Ich verstehe einzelne Kommentarschreiber dieses Blogs nicht mehr. Vor ca. einem Monat fand man es noch in Ordnung, wenn die Schweiz das Bankgeheimis aufheben würde. Und nun unter Druck anderer Staaten beginnt man sich doch noch “ein wenig” aufzulehnen.

    Arg vermisse ich auf diesem Blog, dass man kein Wort über das Zinsbesteuerungsabkommen mit der EU liest.
    Aber klar doch, dieses Abkommen ist ein gewaltiges Plus für die Schweiz, vor allem für die Gegner der EU. Wird es deshalb verschwiegen?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert