die hauptstadt-universität entdeckt langsam aber sicher die politik

viele haben den ball schon getreten. endlich nimmt ihn die uni auf. das magazin der berner hochschule, unipress genannt, widmet ihre nummer zum jahresübergang der politikforschung an der eigenen alma mater.

up_143_titelbildredaktoinsleiter marcus moser greift die wertschätzung von politik und wirtschaft auf. letztere blüht, wenn es den unternehmen gut geht. dann sind auch metropolen als zentren der ökonomischen wertschöpfung hip. kriselt dagegen die konjunktur, wendet man sich an die öffentlichen hand, hätschelt man den politikerInnen, und fragt man danach, was die verschiedenen metropolen zusammenhält.

an der berner uni bündelt der master of public administration seit einigen jahren die wechseldnen erwartungen an die politik und bildet künftige gestalterInnen in behörden aus. (der stadtwanderer führt sie übrigens meist in einer winternacht durch die gassen berns, und ziegt, wo die politik auf dem glatteis ausrutschte, pirouetten drehte oder souverän eine dreifache schraube stand). brigitte rindlisbacher, promovierte chemikerin, hat diese anspruchsvolle weiterbildung absolviert. sie ist seit knapp einem jahr die erste generalsekretärin des vbs. über ihren zweijährigen kurs sagt sie, grundlagen der modernen verwaltungsführung vermittelt bekommen und ein netz von kontakten zu mitstudierenden in ähnlichen positionen mitgenommen zu haben.

einer der leiter dieses kurses, reto steiner, professor für betriebswirtschaft, zeigt anhand einer erhebung bei 15’000 bürgerInnen mit exekutiverfahrung wie politik an der basis funktioniert. freude an der arbeit und politischer idealismus seien die hauptsächlichen treiber. denn der verdienst bleibt klar zurück. 29 franken in der stunde verdient ein mitglied eines gemeinderates im schnitt. in kleinen gemeinden ist weniger, in städten mehr. das habe mit der professionalisierung der politik zu tun, denn marktgerechte löhne seien wichtig, um gute leute für ein politisches amt gewinnen zu können.

der ethikprofessor wolfgang lienemann äussert sich kritich zum rudelverhalten im management von unternehmen, das jedes risiko des eigenen handlung vergessen lässt. gewinnaussichten lotsen die manager an, und der poker um die macht in der konkurrenz. erst wenn alle stränge durchschnitten seien, stützt man sich wieder auf die gemeinschaft – ohne zu lernen. doch muss sich leistung lohnen, für alle!, fordert er. allen vereinfachern von wirtschaft hält er entgegen: der gewinn basiert auf der wertschöpfung aller. besorgt zu sein, die exzesse in deren verteilung zu verhindern, sieht er als aufgabe der politik.

adrian vatter, professor für schweizer politik an der uni bern, fragt gemeinsam mit seinen mitarbeiterInnen, wie unsere kultur auf die unkontrollierten entwicklungen reagiert. dafür nimmt er sich der anerkennung von konfessionen in der öffentlichkeit an. im internationalen vergleich hält er zurückhaltung im kleinstaate schweiz fest. die römisch-katholische und die evangelisch-reformierte kirche sind, ausser in genf und neuenburg, in allen kantonen als landeskirchen anerkannt. die christkatholiken kennen diesen status in neun, die jüdische gemeinschaft in 6 gliedstaaten. muslime, genauso wie buddhisten, mormonen und zeugen jehovas werden dagegen nirgends privilegiert. denn konfessionen erhalten nur dann die anerkennung durch die mehrheit, wenn sie als genügend integriert gelten. das verlange nach gezielten vorleistungen beispielsweise in der integrationspolitik, denn die direkte demokratie begünstig den status quo, nicht veränderung.

die lektüre der broschüre bei einem heissen tee in kalter zeit fällt leicht und regt an. mehr davon wäre wünschenswert: mehr gute ausgebildete kader und mehr an der aktualität ausgerichtete forschungsprojekte, meine ich. denn so kann sich die uni bern als hauptstadt-universität profilieren. die bälle liegen schon mal bereit. jetzt braucht es noch viele torschützen und toschützinnen!

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

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