gemeindefusionen aus übergeordneten gesichtspunkten

kein anderer kanton hat so viele gemeinden wie der kanton bern. das soll sich jetzt definitiv ändern, beschloss der grosse rat diese woche.

400px-Karte_Gemeinden_des_Kantons_Bern_2009gemeindekarte des kantons bern. 33 gemeinden habe mindestens 5000 einwohnerInnen; in 125 sind es weniger als 500.

2004 lancierte der kanton bern seine strategie zur fusion von gemeinden. ziel ist es, die zahl vn anfänglich 400 kommunen auf rund 300 zu verringern. der zentrale ansatz ging seither über fördermassnahmen. doch hat er nicht gewirkt: 16 fusionsprojekte sind in den 5 jahren aufgegleist worden, 11 hatten erfolg, 5 misslangen. ende jahr wird es immer noch 388 bernische gemeinden geben.

nun hat der grosse rat einen strich unter die bisherige politik gezogen, um ein neues kapitel zu eröffnen: sp, fdp und grüne stimmten für eine beschleunigte gangart, während sich svp und (überraschend auch) bdp widersetzten. die minderheit will an der verfassungsmässigen bestandsgarantie festhalten, während die mehrheit fusionen von oben erlauben will, “wenn es kommunale, regionale oder kantonale interessen erfordern”.

was das genau heisst, wird man noch ausdeutschen müssen. sicher ist, dass gemeinden, welche ihre aufgaben nicht mehr selbständig erfüllen können, zwangsfusioniert werden können. und sicher ist auch, dass bei der zusammenlegung von mehr als zwei gemeinden abweichende kommunen gezwungen werden können, beizutreten, wenn die mehrheit der stimmenden in den zu fusionierenden gemeinden zustimmt. geklärt werden muss in einem vernehmlassungsverfahren bis nächsten herbst, wie weit es darüber hinaus geben kann.

die erfahrungen in anderen kantonen zeigen, dass auslegungen hierzu heikel sind. einzelne gliedstaaten haben gute erfahrungen gemacht, über anreizsysteme hinaus auch recht generell zwang bei fusionen einzusetzen. anderen sind, wie jüngst der kanton aargau, genau daran in der volksabstimmung gescheitert.

der schritt im kanton bern ist mutig. er unterstützt sicher auch die bestrebungen des vereins “bern neu gründen”. denn genau hier geht es um ein regionales, wohl auch um ein kantonales interesse. doch darf man dabei eines nicht übersehen: die demokratischen sensibilitäten der bevölkerung, wo sie sich auch mit kleinen gemeinwesen identifiziert, können solchen überlegungen aus der vogelperspektive auch einen strich durch die rechnung machen.

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

3 Gedanken zu „gemeindefusionen aus übergeordneten gesichtspunkten“

  1. Jetzt muss ich dir aber widersprechen: Den Gemeinden rund um Bern geht’s ja gut, fast zu gut! Hier wird also der neue Kantonsartikel kaum zum Einsatz kommen. Auch die Stadt Bern erbringt – wenn auch unter der Zentrumslast ächzend – weiterhin ihre Leistungen.

    Jedoch entsprechen die Gemeindegrenze rund um Bern nicht mehr unser aller Alltag: Wie oft überqueren wir sie täglich, auf dem Weg zur Arbeit, zum Einkauf, zum Sport. Und erst noch meist unbewusst. Die Grenzen werden uns erst dann schmerzhaft bewusst, wenn wir merken, dass wir zu einem Entscheid nichts zu sagen haben: Er betrifft uns in unserem Leben zwar, aber eben: Da ist eine Gemeindegrenze zwischen dem Entscheid-Gegenstand und unserem Wohnsitz…

    Bern neu gründen heisst aus Weitsicht, nicht aus Not verstärkt zusammenzuarbeiten!

  2. at subentiger
    dankedanke, ich verstehen den (offenen) artikel etwas anderes. es heisst ja nicht,wenn kantonale, regionale oder lokale not es verlangen, sondern interessen.
    und zu den interessen zählt sicher, dass die zentren eines kantons, in unserem falle bern, biel/bienne, und thun zur vorwärtsentwicklung des ganzen einen beitrag leisten sollen, und dafür fitte sttrukturen brauchen. etwa so war das auch im beitrag gemeint.

  3. @stubentiger
    Es trifft zu, dass Bern NEU gründen, primär aus Weitsicht und nicht aus Not eine verstärkte Zusammenarbeit will. Aber braucht es denn immer zuerst eine Notlage, um zu handeln. Das entscheidende (oder auch das Neue) an “Bern Neu gründen” ist gerade, dass die Weitsicht und nicht die Notlage Taktgeber sein soll.

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