bern immer wieder neu gründen

er sei gegen den namen “bern neu gründen”, sagt berns stadtpräsident alexander tschäppät. die idee, mit einem verein neue bewegung in die zentrumsbildung im raum bern zu bringen, findet er aber richtig. hoffentlich wird daraus mehr als eine idee, fügt der stadtwanderer in seinem rückblick auf die verschiedenen stadtneugründungen in bern bei.

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raum bern: wo nur gehen die heutigen stadtgrenzen durch?

“der bund” berichtet heute über eine bürgerInnen-initiative, die sich ende august der politischen öffentlichkeit mit einer vision bern vorstellen will. ihr anliegen: in der stadt bern und den 12 bis 15 gemeinden rund herum das bewusstsein für zentrumsfragen zu schärfen, wobei engere kooperationen, zusammenschlüsse oder ein neues modell “grossbern” in frage kommen.

hierfür kann man zurecht die formel “bern neu gründen” verwenden. denn die bürgerInnen-initiative reiht sich in eine reihe von stadtgründungen ein.

natürlich besagt die stadtgeschichte, dass bern 1191 gegründet worden sei. doch hat man bis heute kein überzeugendes gründungsdokument gefunden, sodass die interpretation, es gäbe einen eindeutigen anfangspunkt, abgelehnt werden muss.

vielmehr entstand bern als teil des zähringischen strasse- und städtesystems, das diese ab 1156 zu entwickeln begannen, um das westliche mittelland zu urbanisieren. die pioniersiedlung an der aare, wann auch immer sie entstand, war denkbar einfach; anfänglich sollen nur 500 bis 1000 personen in bern gelebt, allesamt in holzhäusern.

nach dem aussterben der zähringer 1218 legte kaiser friedrich II. hand auf den ort und gab ihn die symbole einer stadt, denn er wollte den strategisch wichtigen ort den rivalisierenden landadeligen nicht überlassen. als jedoch die macht der schwäbischen stauffer-dynastie im kaiserreich 1254 zerfiel, wurde auch berns stellung unsicher.

die stadt entschied sich damals gegen einen anschluss an den osten des mittellandes, wo die kyburger-grafen dominierten. vielmehr begründeten sie eine allianz mit den grafen von savoyen im rhonetal, weil die ihnen den wirtschaftlichen anschluss an den mittelmeerhandel garantierten. dass sollte bis 1298 so bleiben, bis der deutsche könig, später der schultheiss von bern und heute die insitutionell getrennten einheiten des kantons resp. der stadt die geschichte der zu bestimmen begannen.

graf peter II. von savoyen war es denn auch, der die philosophie der stadtneugründungen einleitete. er liess bern erweitern, örtlich gesprochen vom zytgloggeturm bis an den käfigturm, integrierte die häuser in diesem bereich ins neue städtische recht, förderte den bau einer mauer und einer brücke über die aare, um ein zentrum zu markieren, das mit dem umland verbunden sein sollte.

das ist das eigentliche programm: mit stadtneugründungen soll der perimeter des zentrums nach aussen neu bestimmt werden. denn damit legt man den umfang des gebietes fest, indem das gesetz der stadt herrscht, um innerlich gestärkt nach aussen strahlen zu können.

wenn bern heute wieder neu gründet werden soll, geht es letztlich um etwas ähnliches: die stadtgrenzen haben sich seit 100 jahren nicht mehr geändert; doch die stadt als lebensraum hat sich nicht daran gehalten, ist sie doch längst so mit der agglomeration verbunden, das viele gar nicht mehr wissen, wie die kommunalen grenzen verlaufen.

“bern neu begründen” heisst, mit diesen strukturen zu brechen, um das zentrum im westlichen mittelland zu stärken, dass es zwischen den metropolen im osten wie im westen bestand hält.

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

2 Gedanken zu „bern immer wieder neu gründen“

  1. Ich schlage vor, dass – sobald die NEAT fertig gebaut ist – die Baumaschinen nach Bern geschafft werden, um die Aare neu zu verlegen und zwar um den ganzen «Kuchen» herum. Und damit das Schwellenmätteli das Schwellenmätteli bleibt, soll aus nostalgischen Gründen noch ein Rinnsal den alten Verlauf durchlaufen. Zugleich wäre auch das Hochwasser-Problem in der Altstadt gelöst… 😉

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