geisterort arlay

arlay ist ein gottverlassener ort im burgundischen, bei dem man sich fragt: warum denn nur? der bericht von der spurensuche.

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das moderne arlay
für die wenigen einwohnerInnen, die im burgundischen arlay geblieben sind, gibt auf dem dorfplatz keinen teer, aber platanen, die eine allee skizzieren! la mairie, das haus der bürgermeisters, befindet sich da. im gleichen gebäude ist die schule untergebracht. auf der andern seite des staubigen paradeplatzes sieht man, wo das alles endet. im krieg, der von 14-19, der auch in arlay viele tote brachte.

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das spätmittelalterliche arlay

eigentlich gibt es ein zweites arlay, knapp einen kilometer weiter ostwärts befindet sich, umfahren von der landstrasse, “le vieux bourg” aus dem 15. jahrhundert. “stadt” nannte man das sogar im mittelalter. sichtbar sind nur zwei häuserzeilen, mittendurch geht ein weg, wo kaum ein peugeot durchkommen würde, wenn es ihn gäbe. das “quartier au dessus” wird noch von alten menschen bewohnt, “au dessous” ist eigentlich alles ruhig.

das paulanerkloster, das zwischen dem alten und neuen arlay steht, ist längst geschlossen. schwer verriegelt ist die eingangstür; die fenster sind vermacht. bier wird hier keines mehr gebraut. mönche hört und sieht man nicht mehr. ein weingut ist das einzige, was geblieben ist, – und das wird ausgerechnet hermetisch abgeriegelt.

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das herrschaftliche arlay

einst war arlay ein stolzes zentrum. auf dem hügel über dem ort residierte seit dem 11. jahrhundert der seigneur. der herr von arlay wurde graf von chalons, bis er im 13. jahrhundert half, die tiroler günstlinge des kaisers, die pfalzgrafen in der franche-comté geworden waren, zu vertreiben. danach war man in der freigrafschaft selber begütert; der einfluss reichte über den jura bis nach neuenburg. ja, selbst mit den kiburgern ob wintherthur war man verheiratet.

die grafen von chalon-arlay kämpften in den burgunderkriegen selbstverständlich auf burgundischer seite. sie sollten ihr engagement teuer bezahlen. denn nach dem tod des herzogs, der ohne männlichen nachfolger gestorben war, heiratete erzherzog maximilian, der habsburger thronanwärter, dessen tochter marie von burgund. louis xi., könig von frankreich, griff nun militärisch nach den burgundischen ländereien. das herzogtum burgund ging an die krone. die freigrafschaft wurde verwüstet.

die katastrophe von arlay
dieses schicksal wiederfuhr auch arlay, dem stammsitz der grafen von chalon-arlay. die burg auf dem berg wurde 1479 weitgehend zerstört. niemand hatte mehr die kraft, sie wieder aufzurichten.

auch das republikanische frankreich, das die neue kleine siedlung mit der plantanen-allee hervorbrachte, konnte das schicksal nicht mehr wenden. arlay ein dreifacher geisterort: oben, auf dem berg, unten im vieux bourg, und weiter vorne, bei den platanen.

als ich den chef der einzigen auberge frage, ob ich ein glas des hiesigen wein bekomme, winkt er ab. er dürfte nur gäste bewirten, die übernachten. und das wolle niemand mehr, deshalb reiche das geld für eine lizenz für einen offenen barbetrieb nicht mehr.

so wolle es der französische staat, der arlay nicht gut gesinnt ist.

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

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