vom sog. ende der umweltorganisationen

eine auswahl der ergebnisse zur zukunft des naturschutzes in der schweiz war am morgen schon in der presse zu lesen gewesen. am abend wurde das ganze auf einem podium im hotel bern, das zum 100. geburtstag der pro natura stattfand, diskutiert. was dabei herauskam, war erschreckend.

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hatte keinen leichten stand, otto sieber, zentralsekretär der pro natura , während der diskussion der umstrittenen gdi-studie “zukunft der natur”

die studie
wie es mit dem verhältnis von mensch und natur weiter gehen soll, wollte die bodenständigste unter den hiesigen naturschutzorganisationen zu ihrem jubiläum wissen. dafür beauftragte sie das gottlieb-duttweiler-institut, eine zukunftsstudie zu den umweltorganisationen im jahre 2029 zu machen.

nicole lüdi, die autorin aus dem migrospark in rüschlikon, fasste ihre thesen so zusammen: umwelt sei heute keine konstante mehr bindstrich deshalb werde die verarbeitung von umwelterfahrungen immer komplexer bindstrich das überfordere die meisten, weshalb es einfache bilder brauchen werde bindstrich solche böten heute beispielsweise die rezepte wirtschaft bindstrich in einer generation werde es keine naturschützer mehr brauchen, denn das geschäft werde ihre aufgabe bis dann restlos übernommen haben punkt.

das podium
vor lauter staunen hatten die meisten teilnehmerInnen im saal nur noch fragezeigen in ihrem kopf. ruhe bewahrten auf dem podium otto sieber, der zentralsekretär von pro natura, luc recordon, der waadtländer ständerat und sibyl anwander, die leiterin qualität und nachhaltigkeit von coop.

recordon war der meinung, dass wirtschaft, gesellschaft und umwelt einander bedingen würden, weshalb es sinn mache, dass deren organisationen zusammenarbeiteten. doch heisse das nicht, dass man dabei seine identität aufgeben solle. gewerkschaften seien gewerktschaften, und umweltorganisationen würden stets umweltorganisationen bleiben; sie müssten sich nicht wie wirtschaftsverbände verhalten, selbst wenn sie mit ihnen kooperierten.

anwander schüttelte es im innern nur so, als sie die zukunftsforscher immer weider sagen hörte, umwelt fände eigentlich nur im kopf statt. nein, meinte sie, umweltzerstörung ist real. in zwanzig jahren werde es, wenn man nichts ändere, keine fische mehr geben auf der ganzen welt, weshalb natur- und tierschutzorganisationen brauche, die solche katastrophen zu verhindern wüsten; sie sei bereit, daran zu arbeiten, dass auch konsumentInnen das verstehen könnten.

sieber schliesslich, der die zukunftsstudie bestellt halte, ging auf dem podium auf distanz zu den gdi-aussagen. seit den erdgipfel in rio 1992 sei allen beteiligten klar, es brauche eine sammlung aller kräfte, welche die erde erhalten wollten. alte polaritäten seien längst aufgebrochen worden, deren überwindung müsse nicht in zukuftsszenarien durchgespielt werden. er liess auch nicht gelten, dass es den naturschutz in 20 jahren nur noch als grün angehauchtes ökogeschäft geben werde. denn praktische und politische ökologie sei keine technik, sondern werde von menschen gemacht, die aus überzeugungen dafür schauen würden, dass es die richtigen gesetze geben und diese dann auch umgesetzt würde.

karin frick, chefforscherin am gdi, versuchte die studie ihres instituts auf dem podium vorerst noch zu retten. wenn reiche leute natur kaufen und so der zerstörung entziehen würden, dann sei das der beste praktische umweltschutz, für den es keine politik mehr brauche, meinte sie. doch sie merkte bald, dass auch diese botschaft nicht wirklich sass und schwieg sich den rest des abends aus.

die bilanz

schade für die geburtstagsfeier, dachte ich mir. die schweiz als reservat ägyptischer magnate, deren gefolgschaft hier sanfte ferien macht und geschichtsbücher über die romantik des naturschutzes an der schwelle des 20. zum 21. jahrhunderts liesst, blieb mir haften, als ich entsetzt den saal der geburtstagsfeier verliess, um

stadtauszuwandern.

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

3 Gedanken zu „vom sog. ende der umweltorganisationen“

  1. Meine bescheidene Meinung in dieser Frage lautet: Die Wirtschaft hat viel dazu beigetragen, dass es der Umwelt schlecht geht. Wenn sie sich jetzt bessern will, ist das begrüssenswert. Aber noch lang keine Grund für die Umweltorganisationen, jetzt nach der Gedankenlosigkeit der Manager in den Zentralen der Weltwirtschaft zu handeln.

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