allemannsrätt (dagens nyheter, 8. teil)

nicht stören!
nichts zerstören!
so lauten die grundregeln des allemannsrätt, des schwedischen rechts zum gemeingebrauch der umwelt.


private häuser bilden nach dem schwedischen allemannsrätt einen eigenen rechtsbezirk, den des hausfriedens, den betritt, wenn man durch das tor geht (foto: stadtwanderer, anclickbar)

den hausfrieden nicht stören

es scheint, dass der hausfrieden den leuten auf dem schwedischen land das wichtigste ist. letztlich sind alle ein wenig siedler in der einsamkeit. es kommt einem vor, man sei am liebsten eremit, wenn auch nicht im religiösen sind.

zahlreiche sitten leiten sich davon ab. wenn auch haus bewohnt ist, und man die leute nicht kennt, soll man in gebührendem abstand daran vorbeiziehen. gibt es eine strasse, markiert diese den abstand; ist nur weide oder wald, soll man sich an die sichtweit halten.

viele schwedischen häuser haben einen klar markierten eingang. nicht einfach ein hag, aus steinen oder holz. nicht einfach ein tor, das man auf und zu machen kann. nein, sie haben einen eigentlichen eingang. In der einfachsten form ist es wie ein frei stehenden baldachin. zwei, maximal vier holzpfähle, die in den boden gerammt wurden, markieren die breite. cie höhe es ergibt sich aus einem gewinkelten dach.

wer da durch geht, erfährt sinnlich, dass er den rechtsbereich wechselt. Er oder sie ist nicht mehr im wald, auf der weide. Er oder sie ist im hausbezirk. Und hier gilt das unerwünschte eindringen als hausfriedensbruch, den es unter allen umständen zu vermeiden gilt. Denn der hausherr garantiert den frieden, und den gilt es auf jeden fall zu respektieren.

hausfriedensbruch begeht auch, wer auf dem see ist, und ungefragt an einem privaten bootssteg anlegt. das darf man nur bei sehr hohem wellengang, wenn lebensgefahr droht. sonst ist es verpönt.

verstösse gegen den hausfriedensbruch sind wir während den schwedischen ferien gottseidank keinen begegnet. wir haben aber davon gehört, dass der bootssteg vor dem haus einmal von fremden leuten benützt worden war. nicht um zu landen, als not drohte, aber um sonnenzubaden, als es besonders schön war. als die eindringlinge bemerkten, nicht ganz alleine zu sein, haben sie freundlich gefragt, – und durften bleiben!


das allemannsrätt, die schwedischen sitten des verhaltens im ländlichen und waldigen raum, wird heute vor allem von der staatlichen umweltbehörde propagiert (foto: stadtwanderer, anclickbar)

die umwelt nicht zerstören

das schwedische allemannsrätt schränkt nicht nur ein, es erlaubt auch einiges. so ist das campieren während einer nacht überall erlaubt. auch auf einem privaten grundstück darf man das, wenn man dem besitzer nicht zu nahe kommt oder die landwirtschaftliche nutzung nicht beeinträchtigt. bei zeltlern ist das ist der regel kein problem, die sind meist mit flossen, zu fuss, mit pferd oder töff unterwegs. bei wohnwagen können sich schneller probleme ergeben. man empfiehlt, sich an die eigentlichen campingplätze zu halten, die es an den seen recht zahlreich hat.

lagerfreuer sind erlaubt. Doch muss man stets und überall an die brandgefahr besteht. es hat so viele wälder. bei trockenheit jedoch ein allgemeines feuerverbot. ansonsten ist es empfohlen, die feuerstelle zu begrenzen: mit steinen rund herum, aber auch unter dem feuer, um das unbeabsichtigte motten zu vermeiden und um eine feuerstelle findet man sich selten begrenzungen, einmal um zu sitzen, dann aber auch, um den besonderen gefahren bereich zu bezeichnen. Wer ihn definitiv verlässt, muss das feuer auch definitiv gelöscht haben.

die erfahrungen, die man hiermit heute macht, sind durchzogen. Je mehr tourismus es im wald hat, umso mehr probleme tauchen auf. das beginnt damit, dass das allemannsrätt vielen besuchern unbekannt zu sein schein. schlimm ist, dass es gerade bei feuerstellen und fischerhütten regelmässig auch abfallberge gibt. da stapeln sich schon mal bierdosen, abfallsäcke aus plastik und essensreste. gerade letzteres ist besonders gefährlich, zieht es doch auch wild lebende tiere an. fischer sind häufig keine problem, denn sie sind meist naturverbunden, und schätzen die ruhe. camper hingegen, aus dem benachbarten festland bringen einen erheblichen sittenzerfall mit den in den norden. wohnwägeler parkieren, wo es ihnen gefällt, bleiben länger, als sie dürften, und beginnen schon mal mit der demontage der umwelt. gelegentlich kann man ob der eingriffe nur den kopf schütteln.

gemäss allemannsrätt ist es erlaubt, alles, was auf dem boden ist, frei einzusammeln. das gilt für blumen, pilze und beeren. Nur bei akut bedrohten pflanzenarten wie orchideen gibt es einschränkungen. Beliebt ist das sammeln von blaubeeren im wald; da ist man aber in konkurrenz mit den bären. verboten ist es dagegen, harz oder rinde von bäumen zu entfernen, zweige zu brechen und äste zu schneiden. Ausser für den bewilligungspflichtigen strassen und hausbau ist es auch nicht erlaubt, bäume zu fällen. Brandrodungen wiederum werden bestraft.

was besonders auffällt: die leinenpflicht für hunde

eine besonderheit betrifft haustiere. ie sind nicht sehr üblich im norden. katzen trifft man selten, hunde dagegen schon. im frühling, im sommer und anfangs herbst gilt im öffentlichen bereich leinepflicht für alle hunde. sie dürfen nicht frei herum laufen, denn auch hier gilt: nicht(s) (zer)stören! und daran halten sich die einheimischen mit ihren hunden ganz genau. das gemeingebrauchsrecht gilt den schweden in der praxis unverändert etwas!

die ganze sommerserie dagens nyheter (tagesneuigkeiten)

nachtrag, das internet cafe von ekshärad
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se pa mig, taenk po dig (sieh mich an und denk an dich!)
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cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

0 Gedanken zu „allemannsrätt (dagens nyheter, 8. teil)“

  1. lieber stadtwanderer
    dieses recht gefällt mir sehr sehr gut.
    wurde mir quasi \"in die wiege gelegt\".
    danke für den interessanten bericht…
    gruss vom bernetblog – dominik allemann

  2. herr allemann, omen est nomen!
    dochist die verbindung vom allemannsrätt zu den alemannen gewagt. den volksnamen erfanden die römer 289 unserer zeit um die stämme zu bezeichnen, die in den 260 jahren den limes zwischen rhein und donau überschritten und das dekumatenland überfielen, sich auf in den süden auf raubzüge machten, und bei der rückkehr durch das rhonetal auch die völkerschaften von aventicum plünderten. sie blieben nicht, sondern zogen sich über den rhein zurück. dort wurden sie, als die schockierten römer sich wieder etwas erholt hatten, zu verbündeten gemacht. föderaten waren sie nun, eine art grenzwächter, gegen weitere germanenstämme, die den rhein zu bewachen hatten. dafür mussten die verschiedenen stämme der juthungen, letinenser und brisgavier, wie sie alle hiessen, erst einmal zusammengefasst werden, was nach römischer sitte bedeutet, dass sie einen gemeinsamen anführer (stammeskönig) haben sollten, der dann über ein volk mit einem namen wachen und in seinem namen verhandeln sollte. den namen, den man hierfür erfand, war alemannii. noch heute rätselt man, was man damit wirklich meinte. die bunten männerschar aus verschiedenen stämmen, oder eben, das gemeine volk, das sich vom römischen so unterschied.
    und das hilft uns weiter. das gemeine volk der alemannii war wohl in seinem wesen \\\"germanisch\\\" und dem skandinavischen verwandt. man kannte das dorf der familien noch nicht, eher die siedlung einer sippe, deren anführer sich versammelten, um rat über krieg und frieden zu halten, verträge mit anderen völkern zu beraten, und eine gemeinsames recht zu entwickeln.
    dieses gemeisame, über den sippen stehende recht, besser gesagt die so entwickelten sitten sind denen ververgleichbar, aus denen im norden das gemeine recht, das allemannsrätt, entstand. es unterschied sich im norden, wie überall in der \\\"germanischen\\\" gesellschaft vom königlichen recht, das insbesondere die jagd regelt. wie heute merkt man das heute in schweden, denn das allemannsrätt bestimmt, was mit häusern, gärten, beeren und hunden zu geschehen hat, nicht aber, wer elche, wölfe, rentiere und den vielfrass erlegen darf.
    ihre wiege muss also etwas umfassender verstanden werden, ist aber ein schönes symbol dafür, dass es der ort ist, wo etwas, das einmal entstanden ist, wächst und das (zusammen)leben sinnvoll macht.
    auf das schwedische allemannsrätt!

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