digerdoed (schwarzer tod) (dagens nyheter, 5. teil)

unser bewusstsein fuer die pest ist weitgehend verschwunden. man kennt zwar noch die schwarze spinne. jeremias gotthelf hat das laendliche verarbeiten des unheinmlichen todes festgehalten. doch wer weiss schon mehr ueber dieses zentrale moment unserer zivilisationsgeschichte, der mit dem jahr 1348 das spaete vom hohen mittelalter trennt?


der jäger von ekshärad im schwedischen klarältal erinnert an die zeit der ländlichen neubesiedelung nach der grossen pest von 1350 (fotos: stadtwanderer)

im ganzen norden ist die erinnerung an die pest wacher. der einschnitt mitte des 14. jahrhunderts war wohl noch tiefer. ganze landstriche wurden vollstaendig entvoelkert. und die stets lauernde krise auf dem land und in den waeldern des nordens ist es wohl, die eine solche erinnerung auch ueber jahrhunderte wach haelt. digerdoed ist heute noch das wort fuer das, was bei uns der schwarze tod ist.

in schweden, im tal der klaraelv, die wasser aus den bergen an der norwegisch-schwedischen grenzen nach sueden fuehrt, weiss man um die pest und ihre folgen. vor 1350 gab es hier staatliche pilgerweg, die nach nidaros, dem heutigen trondheim fuehrten. dort lag das heiligtum des norwegischen koenigs olaf, der im 11. jahrhundert zum christentum uebertrat, dann aber von eigenen leuten angegriffen wurde, und in der schlacht von stiklestad sowohl seine herrschaft und auch sein leben verlor. dafuer wurde er zum fuehrenden heiligen des nordens, und sein grab ist bis heute das ziel des groessten pilgerweges des nordens.

doch selbst der fruehe heiligenkult hatte die pest nicht verhindern koennen. im 14. jahrhundert verkuemmerte die zivilisation im klaraeltal, ja in ganz schweden. die grosse krise brach auch. schweden kam, wie zuvor norwegen, zur kalmarer union. das hiesst, dass der daenische koenig, sprich die daenische koenigin margareta, ueber den ganzen norden regierte.

fuer schweden war das nicht nur eine menschliche katastrophe. es gilt als die grosse krise des schwedischen koenigtums. ohne sie waere allerdings der aufstand von gustav vasa mit dem neuen, schwedischen nationalstaat und dem koenigtum, das sich nun auf der basis der reformation bildet, kaum moeglich gewesen.

von ekshaerad, der naechsten kleinstadt von unserem ferienaufenthalt aus, geht, der sage nach, in der zeit der daenischen herrschaft eine bewegung aus, die zum aufstand unter gustav vasa fuehrte. jaeger besiedelten die waelder, in denen kein mensch mehr lebte. sie lebten wie in der steinzeit, suchten nach tieren, von denen sie sich ernaheren konnten, und bildeten so die vorstufe zur einfachen bauernkultur, die im 15. jahrhundert auch in den entvoelkerten gebieten wieder entstand.

die typische darstellung des schwedischen jaegers aus der zeit nach der pest ist die des einfach gekleideten landmannes mit der armbrust. uns erinnert er selbstverstaendlich zuerst an weilhelm tell. auch der lebte, der sage nach, in den waeldern. auch der rebellierte gegen die herrschaft, im fall der schweiz jener der habsburger. und auch der loeste mit seiner opposition den fall des fremden adels aus. doch er war aelter, und er wusste nichts von der grossen pest.

in schweden dauerte der prozess der rebellion gegen daenemark viel laenger. fast 100 jahre brauchte es, bis gustav vasa zu seinem siegeslauf in den waeldern von darlarna ansetzte. die zerstoerungen, welche die pest auf dem lande hinterlassen hatte, waren einfach zu gewaltig, dass es unmittelbar zu einem aufstand haette kommen koennen.

die sage, die man in ekshaerad gerne erzaehlt, ist die: es kam ein jaeger ins tal der klaraelv, das menschenleer war. er wollte ein tief jagen. er spaehte nach einer beute. er erblickte sie. und er schoss mit seiner armbrust. als er nach dem tier sah, bemerkte er, dass er keinen elch, auch keinen baeren erledigt hatte. er hatte in einen huegel geschossen. unter diesem huegel waren die letzten reste der menschlichen zivilisation verborgen. eine kleine kapelle auf dem pilgerweg nach nidaros. da liess er sich nieder, und das leben begann von neuem!

waldwanderer
(alias stadtwanderer)

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cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

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