woher der name bern kommt

„bern“, berndeutsch bärn, standarddeutsch bern, französisch berne und italienisch berna, ist nicht so einfach zu enträtseln. das lexikon der schweizerischen gemeindenamen, von den dialektologen der universität neuenburg zur expo 02 herausgegeben, hält fest: „Die Herkunft des Namens Bern ist noch nicht endgültig geklärt.“ doch sie verweisen auch auf eine Piste, die in den letzten gut 20 Jahren immer mehr wegmarken verbindet und dabei alte pfade zusehends überlagert. bern kommt demnach nicht vom germanischen wort für bär, sondern vom keltische wort berna für kluft.

wie es der volksmund sagt

für den volksmund ist die sache klar: berchtold v., herzog von zähringen, der stadtgründer, hat seiner stadt den namen geben. die stadtgründungssage lässt ihn zu seinen getreuen auf der halbinsel im sack der aare sprechen: „geht hinaus in die eichenwälder; das erste tier, das ihr erlegt, soll der stadt den namen geben!“ einen bären sollen die jäger gefangen und getötet haben, womit der name gegeben war: “bär – bärn – bern” ist die populäre herleitung des neuen stadtnamens und -stadtwappens!

die germanische namensherleitung

1880 wurde die gleichung “bern=bär” erstmals umgedeutet. sprachforscher erinnerten an den sprachlichen und herrschaftlichen zusammenhang von bern und verona im heutigen italien. diese stadt nannte man im mittelalter gern auch „welsch bern“. bern war damit „deutsch verona“. und das war nicht nur ein sprachspiel: die zähringer waren, nachdem sie 1056 nicht, wie erhofft, herzöge von schwaben geworden waren, amtsherzöge in der markgrafschaft kärtnen gewesen. sie figurierten damit auch als die stadtherren von verona. ihr glück im alpenherzogtum dauerte indessen nicht lange, denn sie kehrten schon nach wenigen jahren von dort zurück, um sich im südlichen schwaben, dem thur- und zürichgau festzusetzen, und später über den aargau ins burgundische gebiet, der heutigen romandie, vorzustossen. hier entwickelten sie im grenzgebiet zwischen dem geteilten herzogtum schwaben und dem unselbständig gewordenen königreich burgund ihren neuen territorialstaat. als sie bern – ihre letzte, wichtige gründung – vollendet hatten, hätten sie, so die neuere auffassung, ihr in erinnerung an die legendäre stadt in kärnten den namen verona im üchtland gegeben. belegt ist dieser gebrauch zwar nicht zu lebzeiten der zähringer, schriftlich verbrieft ist es aber für das 14. jahrhundert.

und das war nicht ohne! denn mit verona brachte man auch dietrich von bern, eine zu zeiten der höfischen ritter der beliebtesten figuren aus den geschichte in verbindung. angespielt wurde dabei auf den gotenkönig theoderich, der in ravenna seinen hauptsitz hatte, und der nach dem untergang des römischen reiches könig über italien geworden war. seine taten wurden in den nibelungen legendär besungen, und mit jenen der hunen, der burgunder, der merowinger und ihren königinnen eng verbunden. sie blieben bis in die heutige zeit beliebt, selbst wenn der historische wert dieses epos umstritten ist.

es ist typisch, dass die übersetzung von verona zu bern lange zeit die gültige herleitung des stadtnamens blieb. noch 1981 hielt man in einer angesehenen schrift hierzu fest, diese herleitung sei auch hundert 100 jahre nach ihrer prägung „unbestrittenermassen die richtige“.

die keltische namensherleitung

doch dann kam der schock für alle, die an der germanenthese festgehalten hatten. 1984 entdeckte man in der engehalbinsel eine untergegangene siedlung, deutlich älter als das zähringische bern. sie stammte aus keltischer zeit und war von den römern erobert worden. sie soll in die abhängigkeit von aventicum gekommen sein, der ersten römischen stadt im land der helvetier. die stadt auf der benachbarten halbinsel soll flächenmässig sogar die grösste keltensiedlung im land der helevtier gewesen sein. bewohnt war sie nachgewiesenermassen bis ins 3. jahrhundert.

brenodor hiess die vorläuferstadt des mittelalterlichen berns. übersetzt dürfte es der (geschützte) markt des brennus geheissen haben. brennos wäre demnach der keltische begründer des ortes gewesen. brenodor, keltisch wohl brenodurum, wäre damit wie solothurn und winterthur, salodurum und vitodurum, einer der grossen keltischen handelsplätze im mittelland gewesen, noch bevor die römer kamen.

der versuch, bern direkt aus brenoder abzuleiten, ist jedoch gescheitert. dennoch legte die keltische vergangenheit des siedlungsplatzes in den aareschlaufen die spur. auch in der nydegg fand man keltische spuren, und zwar genau dort, wo die aare das schmale stück zwischen den molassefelsen passieren muss. der wilde fluss, der gerne das bett wechselte, überschwemmungen brachte und nur schwer berechenbar war, war genau an dieser stelle gut zu passieren. genau 60 meter breit war er hier zu jeder zeit, und zwischen den felsen kannte man seit langer zeit einen fährbetrieb. nicht auszuschliessen ist zudem, dass die burgundischen könige die grenzstelle mit der fähre im 10. jahrhundert befestigen liessen, und die zähringern, als sie die stadt gründeten, diese zu ihrer burg auf dem nyeggfelsen, wo heute die kirche steht, ausgebaut haben.

nicht der bär im eichenwald, sondern die kluft an der aare hat den namen bern bestimmt

bern wäre demnach der ursprünglich keltische abschnittsnamen der aare an der nydegg, oder sogar die bezeichnung der stelle, wo der fährbetrieb war. dafür spricht, dass auch im altirischen, direkt aus dem keltischen entstanden, bern „kluft, schlitz“ bedeutet, und in anderen ortsnamen mit flusskontakt erhalten geblieben ist.

mir gefällt diese neue these gut, auch wenn sie nicht lückenlos belegt ist. Wie fast alles in der frühgeschichte, versteht man auch die namensgebung von bern nur, wenn man sie verkehrshistorisch herleitet. die rein mittelalterliche herleitung des namens bern aus verona bleibt letztlich unhistorisch. sie ist symptomatisch dafür, dass man die zähringische stadtgründung „ex nihilo“, als eine aus dem nichts, darstellen verstanden hat. das ist weder geschichtlich noch archäologisch richtig. derade an der stelle, wo man möglicherweise seit jahrhundert die aare vorteilhaft passiert hatte, dürfte es immer eine kleine siedlung gegeben haben, und genau diese siedlung hat seit keltischen zeiten der stadt ihren namen gegeben. Der name ist nicht so romantisch entstanden, wie man das im mittelalter glaubte und bis vor kurzem auch stützte. er ist vielmehr herrschaftlich erstanden, als ausdruck des ortes, den man strategisch beherrschen musste, wollte man im aaretal regieren.

bern, als schlitz, durch den die aare aus geologischen gründen im bereich der nydgg gehen muss und als die kluft, der die aare genau aus den gleichen gründen auch immer passierbar machte, ist für mich jedenfalls die plausibelste herleitung des stadtnamens.

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

8 Gedanken zu „woher der name bern kommt“

  1. Lieber Stadtwanderer!
    Conrad Justinger, der erst Chronist der Stadt Bern schriebt aber zur Stadtgründung: «Und won vil gewildes luff in demselben eichwalde, do ward hertzog Berchtold ze rate mit sinen reten, er wolte di stat nennen nach dem ersten tiere, so in dem walde gevangen wurd.

    Nu wart des ersten ein ber gevangen, drumb ward die stat bern genempt;

    und gab do den burgeren in der stat ein wappen und schilt, nemlich einen swartzen bern in einem wissen schilt gender [gehender] wise; wennnn aber derselbe schilt und daz wappen sidmales geendret sye, da z wirt hienach in disem buoch geseit. Also nam die stat berne zu an lüt und an gut von tag ze tag, als daz von den gnaden gottes wol schinber ist.»

    Stimmt das nun alles nicht?

    Berner Bär

  2. lieber berner bär!
    klar du gehörst zu bern, genauso wie das rathaus, das münster und das bundeshaus. du bist hier schon länger heimisch als die schwäbischen zähringer. man kannte dich seit jeher; und verehrte dich schon lange, bevor die stadt gegründet wurde. als man damit fertig war, lebtest du schon lange nicht mehr so weit unten im tal. es blieb nur die erinnerung an dich, die im stadt- und kantonswappen bis heute nachwirkt.
    der ursprung deiner verehrung habe ich in einem weiteren artikel festgehalten. geh mal riechen!

  3. Kann es nicht sein, dass sich der Name Berns ganz einfach vom Namen Berchtold von Zähringen ableitet? Die ersten drei Buchstaben von Berchtold und den letzten von Zähringen?

  4. ist und bleibt umstritten.
    selber halte ich das keltische “berna” für schlitz am wahrscheinlichsten. mit schlitz ist in Bern die stelle gemeint, wo die aare zwischen zwei Felsbrocken durchmuss, und es seit jeher eine fähre gab. heute steht dort die untertorbrücke.

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