der stadtwanderer war eine weile lang ausser betrieb. das soll sich wieder ändern.

zugegeben, ich war eine zeitlang abwesend, im internet. denn im frostigen januar ’12 waren tage zwischen “sensation und reflexion” angesagt.

das wahljahr hatte mich gepackt und fest im griff. nach den bundesratswahlen kam ein veritables loch. nein, kein burnout – aber eine müdigkeit.
zudem hatte mich der hilde(flächen)brand schockiert. wegen der hefigkeit der persönlichen attacke, aber auch wegen der ignoranz des topbankers. beides hat mich nicht beflügelt zu bloggen – eher stumm gemacht.

der januar ’12 hat mich auch beruflich stark in anspruch genommen. ein wichtiger arbeitskollege brach sich am neujahrestag beide beine. ich kenne das. statt die seele baumeln lassen, rück- und ausschau zu halten, war tägliches molochen angesagt. und denn bald schon beginnt der
abstimmungszirkus, am 11. märz fünf vorlagen, am 17. juni kommen drei weitere. so wenigstens will es der bundesrat – und mich betrifft es direkt.

meine freizeit stand, zu beginn des jahres, wann immer es ging, unter dem motto “reflexion statt sensation”. meinen medienkonsum habe ich eingeschränkt. wanderungen in die stadt auch. es war häufig auch zu kalt. ein paar mal war ich auf dem land unterwegs – um die augen zu entspannen und den geist dazu. statt werbung studieren, hiess es bücher lesen. statt menschen anhand ihrer kleidungen und wohnungen zu beobachten, ging es um sinnfragen.

“wer bin ich und wenn ja wieviele” von david percht habe ich des nachts gelesen. denn die frage – und die suggerierte antwort – gefielen mir. das
buch ist spannend gemacht, hat viel information drin und liesst sich gut. berührt hat es mich trotzdem nicht. irgendwie fehlte dem ganzen die klarheit.

mehr profitiert habe ich dafür von reiner ruffings einführung in die philosophie. das buch geht geradeaus zu sache. zum beispiel im kapitel 1.5., wo es darum geht, was wahrheit ist:

wenn eine aussage mit dem realen übereinstimmt.
wenn sie kohärent, das heisst frei von widersprüchen ist.
wenn sie unter kontrahenten einen konsens im offenen diskurs ermöglicht.
wenn sie etwas bewirkt.

und seit dem wochenende hat mich die politik wieder: “amstutz oder rickli: wer lügt?” fragt der “blick” heute provokativ zur holprigen wahl von nathalie rickli als fraktionsvize der svp. und die boulevardzeitung folgert hart:

“Stimmt die Version von Amstutz, dann geht es im Streit um einen internen Machtkampf zwischen unzufriedenen SVP-Parlamentariern wie Alex Kuprecht gegen die in der SVP immer noch dominante Blocher-Fraktion. Ein Richtungsstreit.
Stimmt die Version von Kuprecht, hat die SVP ein massives Problem: Bei seiner ersten Amtshandlung als Fraktionspräsident hätten Amstutz und sein
Vorgänger Caspar Baader ihre Kollegen im Stich gelassen. Sie hätten die Fraktion offenbar nicht darüber informiert, dass die Ständeräte eine Kandidatur planten und einbringen würden.”

vielleicht erfahren wir, was da real war. wie kohärent die aussagen sind, die in die welt gesetzt wurden, ob sich die streithäne konsensual auf eine version einigen können – oder was nationalrätin rickli bewirkt, wenn sie gerade mal nicht megasauer auf facebook ist.

aber morgen wieder mehr zu sensation und reflexion.

stadtwanderer