der cousin von ivan s.

die plakate zur volksabstimmung über die initiative “für den schutz vor waffengewalt” erobern den öffentlichen raum. zeit, genauer hinzusehen – und über den bisher unbekannten staatspopulismus nachzudenken.

waffengewalt

eigentlich ist es ein widerspruch ins sich: der populismus definiert sich dadurch, dass die interessen der einfachen leute durch vertreter der betuchten schichten vertreten werden, weil die politik, genauer die mehrheit im staat, das nicht mehr mache. demnach wäre der staatspopulismus die form des populismus, wo der staat die interessen des kleinen mannes und der kleinen frau vertritt, weil der staat das nicht mehr macht …

wenn ich mir die werbung für und gegen die anstehende volksabstimmung über die volksinitiative zu gemüte führe, komme ich zum schluss, dass genau das der fall ist. der reihe nach.

zuerst: die initiantInnen, mehrheitlich links, nehmen mit dem erschossenen teddybären die ängste der familien auf, die das drama erlebt haben, dass ein vater die mutter und die kinder mit der ordonnanzwaffee bedroht, verletzt oder umgebracht hat. sie politisieren das gefühl der unsicherheit in der gesellschaft, weil sich der staat aus ihrer sicht vernünftigen lösungen jenseits von mythen um den wehrhaften bürger im land verweigert. das kann man auch als “klassischen” populimus kritisieren.

sodann: die gegner der initiative haben zwei aussagen auf ihre plakate gebracht: einmal die bedrohte tradition der schweiz als schützengesellschaft, die im 19. jahrhundert die politische kultur der schweizerischen eidgenossenschaft mitaufbauten; sodann der illegale waffenbesitz durch ausländisch wirkende typen. mit letzterem kontert die gegnerschaft direkt, dass ihre widersacher die sonst typisch rechte thematik der sicherheit im alltag aufgenommen haben. die botschaft dazu: nicht unsere soldaten sind gefährlich, sondern die cousins von ivan s. aus der abstimmung über die ausschaffungsinitiative.

nun ist das nicht nur die fortsetzung des gebrauchs von stereotypen, wie sie die nationalkonservative opposition in den letzten 10 jahren entwickelt und werberisch verfestigt hat. es ist die kampagne der bürgerlichen parteien, die den standpunkt der mehrheit in den behörden vertreten.

für mich jedenfalls ist es neu, dass die behördenseite sich des misstrauens der bürgerInnen bedient und damit wirbt. denn ihr weltweit übliches geschäft ist es, vertrauen in die eigene sache zu fördern, welche das funktionieren des staates auch in schwierigen situationen ermöglichen soll. wenn einzelnen regierungsparteien oppositionelle stile in ihrer werbung gebraucht haben, setzte es üblicherweise eine defitige kritik ab. dass man nun genau das im namen der mehrheit von regierung und parlament macht, kann man das – bei aller semantischen problematik – eine bisher unbekannte form des staatspopulismuses nennen.

stadtwanderer