es spricht der überraschungsgast, filippo lombardi

lugano, ja, nochmals lugano! und wieder geht es um die cvp, aber nicht die von financier tettamanti. vielmehr um die staatstragende cvp von filippo lombardi.

P6241463filippo lombardi, tessiner ständerat, und überraschungsgast an unserem seminar

unsere gesellschaft ist im luganeser “bellevue au lac” untergebracht. der name ist programm. die sicht über den see aus dem fünften hotelstock ist schlicht spektakulär.

am abend ist ein ausflug auf dem see angesagt. das schiff schwankt, als die 30 leute es besteigen. erst als alle drauf sind, stabilisiert sich der kahn.

der überraschungsgast im grotto auf der anderen seite kommt mit einem separaten schiff. es ist der tessiner ständerat filippo lombardi. einst war er journalist, röm.-kath., herr über kirchennahe fernseh- und radiostationen. dann katapultierten ihn die papsttreuen in die nationale politik. um die staatstragende christianita der italienischsprachigen schweiz in bern zu vertreten. und die auslandschweizerInnen. das macht er erfolgreich.

charisma hat er, auch schalk spricht aus seinem gesicht. doch schwankt er gelegentlich auch. nicht eigentlich politisch, eher wegen des alkohols. doch ist einige zeit her, und es wurde auf tessiner art geregelt. der sekundenschlaf rettete ihn vor einer verurteilung und dem rücktritt aus der kleinen kammer des bundes.

in seinem vortrag vor verbandsspitzen der schweizer wirtschaft bewies lombardi standfestigkeit. keine sekunde setzt er aus, um für das tessin zu werben.

lombardis thema ist, wie könnte es auch anders sein, das tessin.

letztes jahr habe man sich alleine gelassen gefühlt, als italien den finanzplatz der schweiz italienischer sprache angriff, sagt er. das habe sich zwischenzeitlich wieder gebessert. gestern war der bundesrat in bellinzona, und morgen tag die fdp, der politische konkurrent im süden der schweiz.

“gott sei dank!”, fügt der tessiner kantonsvertreter in bern, denn die tessinerInnen seien treue eidgenossen. man halte zur schweiz, vor allem, wenn sie zu sich halte.

im tessin erwarte man aber auch einiges von der schweiz, berichtet der tischredner. die infrastrukturelle erschliessung des tessins sei eine eidgenössische frage, steigert er sich. denn sonst gäbe es keinen transit zwischen der basel und como – zum nachteil aller, die tessinerInnen und die schweizerInnen.

den gotthard-tunnel werde man bald revidieren müssen. drei jahre könnte er gesperrt sein. um ein verkehrschaos im herzen europas zu vermeiden, brauche es vorher eine zweite röhre, durch den berg der berge, mitten in der schweiz. gut, 10 milliarden könne das schon mal kosten. doch rechne sich das, wenn man an die kosten ohne ersatz denke.

so geht es im munter reigen zwischen vergangenheit, gegenwart und zukunft weiter – zwischen dem salat und dem osso buco. doch unsere gesellschaft staunt. denn an diesem abend sprach kein unternehmer nicht; vielmehr wurde man von einem subventionsjäger unterhalten.

unsympathisch macht lombardi das nicht, denn charme hat er. doch der ist ganz schön teuer, und das scheint ihn nicht zu stören!

ein wenig irritiert ist man schon, als die sonne über italien untergeht. kein wort über die wirtschaftskraft des kantons, seine eigenverantwortung für das wohlergehen der italienischen schweiz und den beitrag zur wohlstandsinsel schweiz, hat man an diesem abend gehört.

klagen auf sehr hohem niveau, wift einer an unserem tisch ein. und so bleibt die frage: ist das die eidgenössische solidarität, von der man gerne spricht, ohne viel davon zu verstehen?

stadtwanderer