emotionen in der politik: von enthusiamus, angst und wut

es muss anfangs der 90er jahre gewesen sein, als ich vom wiener magistrat eingeladen war, über möglichkeiten der bürgerInnen-beteiligung in der stadtplanung nachzudenken. erwogen wurde damals, direkte demokratie im der hauptstadt auszubauen. ohne erfolg zog ich mich damals zurück, und kehrte heute an den ort des geschehens zurück.

Emotion-Masks-760100das experiment scheiterte schon in den ansätzen. eine vorbereitende akadamische tagung verlief animiert-artig. die anschliessende öffentiche tagung war dann ebenso animiert, aber gänzlich unartig. sie geriet zur eigentliche behördenbeschimpfung, bei der die junge moderatorin ohnmächtig wurde, und es mir als podiumsmitglied erst nach etwa einer stunden heftigem streit, die minimale spielregeln in der auseinandersetzung zwischen dem roten stadtrat und den protestierenden zu sorgen.

als ich lass, dass heute in wien über emotions in politics and campaigning debattiert werde, entschloss ich mich kurzerhand, nach wien zu reisen. vielleicht würde ich jemand eine erklärung geben können, was damals den vulkan zum explodieren brachte.

eine erste interessante annäherung bracht susanne glass, politologin aus deutschland, die als ard-korrespondentin aus wien berichtet. sie glaubt, dass der umgang mit emotionen in der politik gerade in kleinen gesellschaften schwierig ist. sie zeigte bilder, als bundespräsident klestil die erste schwarz-blaue regierung vereidigt. die entaffektierung des staatsaktes war perfekt. dafür lebten die emotionen in kärtnen auf, von wo jörg haider aus die österreichische politik aus der opposition heraus aufputschte, bis er an seinen eigenen emotionen zerbrach. journalistin glass zeigte sich selbstkritisch aufzuzeigen, dass gerade in der auslandberichterstattung der bewegten medien emotionen eine zentrale rolle zukommt. brechen sie aus, lassen sie sich gut vermitteln, wenn sie vorurteile gegenüber dem fremden bestätigen. und sie fördern vor allem die vermittlung der rechten oppositionellen.

nicht alle beiträge am heutigen tag waren so selbstkritisch. einige der redner an der konferenz europäischer politberater verwechselten ihren auftritt mit dem vor einem parteitag, warben mit eindringlichen bilder und drastischer sprache für ihre sache.

den erhellendsten beitrag in der sache lieferte ted brader, politologe an der renommierten michigan university. drei emotionen interessierten besonders: den enthusiamus, die angst und die wut. enthusiasmus entstehe, wenn es gut gehe. sei dies nicht der fall, entstünden angst oder wut. ersteres weckt zwar kurzfristig die aufmerksamkeit, wirkt sich aber eher apathisch, denn mobilisierend aus. letzteres kennt umgekehrte vorzeichen, denn die wut sei es, welche parteiisch kriegerbürgerInnen forme.

und so erinnere ich mach an die veranstaltung aus den 90er jahren zurück. denn hier kam ein früheres zeichen der wut, die es gegenüber der politik, ihren repräsentantInnen und institutionen gibt, zum vorschein. dafür fürchtete man sich unter den etablierten politikerInnen damals noch, weshalb man auch gegenüber jeder form der direkten demokratie skpetisch war. heute weiss man in wien wie in österreich, dass sie sich die wut nicht einfach negieren lässt. und wird sie bewusst unterdrückt, mobilisiert sie erst recht politischen potenziale von ungeahnter kraft.

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