(s)eine eigene stimme gab den ausschlag

nationalratspräsidentin ciara simonesci-cortesi eröffnet die wahl des 111. bundesrates der schweizerischen eidgenossenschaft – nach einer bewegenden abschiedsrede wird bundesrat samuel schmid als mitglied der landesregierung verabschiedet – der chefstratege der wahl, cvp-fraktionspräsident urs schwaller, erklärt das bekenntnis zur konkordanz, den respekt vor dem vorschlage der svp und den unmut über ueli maurers verhalten in der vergangenheit – hansjörg walter erklärt im wissen darum, sprengkandidat zu sein, er würde eine wahl nicht annehmen

ergebnis des 1. wahlgangs: walter vor maurer vor blocher – ein gereizter fraktionspräsident caspar baader ermahnt jansjörg walter – 2. wahlgang: die überraschung ist perfekt: walter führt vor maurer und liegt nur 1 stimme unter dem absoluten mehr – ueli maurer ist sichtlich überrascht – oskar freysinger erklärt in der wandelhalle bereits den neuen oppositionskurs der svp – georges wüthrich, blick reporter und thurgau, wirft sich für walter ins zeug – verteilung der entscheidenden zettel an die cvp-spitze – 3. wahlgang: gewählt ist ueli maurer mit 122 stimmen, nicht gewählt ist hansjörg walter mit 121 stimmen – ueli maurer spricht um parlament und erklärt annahme der wahl – bundesrat maurer wird als 111. bundesrat vereidigt – bundesratsbild vom 10. dezember 2008, dem 60. geburtstag der erklärung der menschenrechte durch die uno.

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bildquelle: eigene captures der live-sendung auf sf.tv

die nacht der kurzen messer

die bellevue-bar war heute abend der tummelplatz der nation. tout berne qui décidera demain était présent. der bericht aus dem epizentrum der politik.

vor und hinter der mattscheibe
wer die “10vor10” live schaltung aus der bellevue bar gesehen hatte, wusste schon einiges: die parteipräsidenten sehen ueli maurer in der favoritenrolle. die reintegration der grossen parteien in den bundesrat soll in angriff genommen werden. gegenüber ueli maurers art zu politisieren gibt es zwar viele bedenken, doch eine alternative ist nicht wirklich in sicht.

an der bar sind sind die meinungen weniger zugespitzt. der präsident der bauern, der thurgauer nationalrat hansjörg walter, wird in den kreisen von sp, cvp und fdp am meisten als sprengkandidat genannt. er selber weiss darum, schliesst nichts aus, fühlt sich aber unsicher. er fürchtet, isoliert zu werden. bei der svp hat man mehr angst, der berner kantonalpräsident, nationalrat rudolf joder, könnte ihnen einen streich spielen. andere namen tauchen kaum auf, und wenn, nur zur belustigung: carlo schmid, zum beispiel ist einer davon. den früheren cvp-ständerat aus appenzell innerrhoden könnte die svp nicht ausschliessen, obwohl er wie sie denke.

positiv und negativ nachgefragt
was den morgen wirklich passiere, ist die am häufigsten gestellte frage. christian miesch von der svp, keine freund von christoph blocher, macht schnell alles klar: im ersten wahlgang gibt es viele stimmen für den abgewählten bundesrat. dann erkläre der fraktionspräsiden blochers rückzug von der wahl zugunsten von ueli maurer. der erhalte in der folge alle stimmen der svp-fraktion im zweiten wahlgang. christine egerszegi, in der fdp als gegnerin von ueli maurer bekannt, glaubt, dass in ihrer fraktion 10 stimmen nicht auf maurer entfallen. in der probeabstimmung habe man offen entschieden, morgen sei die wahl geheim. bei der cvp mag man kaum mehr philosophieren. 23 stimmen hat ueli maurer heute erhalten, morgen wird es nicht anders sein.

addiert man das zusammen, gibt das 23+37+65=125 stimmen im zweiten wahlgang.

doch halt! christoph mörgeli, der unglücklich verunfallte, wird fehlen, das ist schon eine minus. und die möglichen sprengkandidaten, wie werden sie stimmen? ein oder zwei weitere stimmen weniger für ueli maurer könnten es schon sein. so gesehen ist vieles wieder unsicher.

unsicherer ist alles, wenn man umgekehrt nachfragt. wen wählen die anderen: geraldine savary von der sp mag die verantwortung für eine alternative nicht alleine bei ihrer partei sehen. man werde en bloc für einen sprengkandidaten stimmen. christophe darbelley wiederum kennt die 22 namen auf den stimmzetteln seiner fraktion, die nicht “maurer” lauteten, will sie aber nicht öffentlich nennen. das heisst auch viel. und hans grunder von der bdp weiss, dass er nur 5 stimmen beitragen kann. immerhin, meint er. die grünen wiederum sind kaum präsent, sie scheinen schon über über ihrer eigenen kandidatur eingeschlafen zu sein.

lange und kurze messer

damit ist eigentlich alles klar: die nacht der langen messer hat nicht stattgefunden. einen überraschungscoup im ersten wahlgang mit einer svp-kandidatur, die das absolute mehr schafft, aber weder maurer noch blocher heisst, gibt es am morgen nicht. damit ist und bleibt ueli maurer der favorit.

kurze messer wurden im bellevue heute abend schon gezückt. denn die neue definition der konkordanz lautet: obwohl es eng ist, jeder bekommt seinen platz an der bar, um ein bier zu kippen. ausser er gehöre zu den ganzganz schlimmen wadenbeissern!

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