kettenreaktion

diese werbung hat es in sich. sie hat eine eigentliche kettenreaktion ausgelöst.

in der innenstadt sind die kleinplakat dreieckig und nach den regeln der subkulturellen jugendszene von eigener hand aufgehängt.
in den aussenquartieren dominiert die bandenwerbung, was eher nach grossen fussballfest für die breite masse aussieht.
doch damit nicht genug: seit tagen hat es in bern an vielen orten auch pinkfarbene fahrräder stehen. und auch sie gehören zum werbekonzept von “shnit”. dabei geht es um das berner kurzfilmfestival, das heute beginnt und bis am sonntag abend dauert.

das heisseste an dieser werbung habe ich diese woche vor dem bahnhof beobachtet. da wurde eines der pinky-biky an einen baum gekettet. auf diesem baum stand ausdrücklich mit plakat angekündigt, dass das abstellen von fahrrädern verboten sei. guerillia-werbung nennt man das im fachjargon. man provoziert mit regelverletzung ganz bewusst, weil man sich damit eine erhöhte aufmerksamkeit verspricht, im besten fall sogar mediale präsenz.

im konkreten fall löste das pink-farbene fahrrad eine eigentliche kettenreaktion aus. ganz nach dem motto: wenn der oder die darf und nicht abgeschleppt wird, dann kann ich auch. im nu hatte es eine ganze reihe von velos rund um den baum parkiert, sodass man kaum mehr sah, was am anfang stand.

da soll noch einer sagen, werbung löse nichts aus!
hoffentlich allerdings auch das intendierte …

also, geht hin, ans berner kurzfilmfestival, und schaut, ob es einen preisgekrönten clip hat zum thema “the making of publicity”.

stadtwanderer

foto(serie): stadtwanderer

reizstoffsprühgerät vs. pfefferspray

reizstoffsprühgerät meint eigentlich pfefferspray. und der ist seit jeher eine waffe der frauen. ob nun die feminisierung der armee einsetzt, fragt sich der stadtwanderer?

schweizer soldaten mit geladener waffe auf der wach: ausgesetzt bis die zwischenfälle mit schussabgaben geklärt sind
schweizer soldaten mit geladener waffe auf der wach: ausgesetzt bis die zwischenfälle mit schussabgaben geklärt sind

mit reizstoffsprühgeräte sollen die schweizer soldaten inskünftig ihren wachtdienst schieben, statt mit der geladenen waffe. das beschloss das vbs gestern, weil es in den 9 monaten, in denen der neue wachtbefehl gilt, zu 8 unvorhergesehenen schussabgaben gekommen ist. zu recht macht man sich sorgen wegen der eigenen sicherheit, dort, wo die sicherheit anderer mit militärischen mitteln gewährleistet wird, finde ich jedenfalls.

ob das wort gut gewählt ist, mit dem die neuerung kommuniziert wurde, lässt sich indessen bezweifeln. es fehlt gerade noch, dass die neue armeewaffe inskünftig “rssg08” genannt wird. aber auch ohne das macht das ganze einen sehr technokratischen eindruck. und der entsteht immer dann, wenn man etwas verstecken will. das jedenfalls ist meine these für solche fälle.

im falle des reizstoffsprühgerätes ist der viel gebräuchlicher begriff “pfefferspray”. der ist vor allem im urbanen nahkampf zwischen den geschlechtern im einsatz, als typische waffe der frauen gegen männer, die bedrohlich auftreten.

auch der älteste beleg, den wir für die verwendung von pfeffersprays haben, ist feministischen ursprungs. in den radikalen 1840er jahren, als die fortschrittlichen gegen die rückständigen die freischarenzüge ausfochten, wollten die radikalen männer nicht, dass die radikalen frauen militärisch bewaffnet würden. diese liessen sich das nicht bieten, denn sie wollten genauso wie die männer auf die stockkonservativen pfarrherren, die an vorderster front für die alten verhältnisse kämpften, vorgehen.

der fanatsie der radikalen frauen aus der gründungszeit des bundesstaates verdanken wir den pfefferspray!

fragt sich nun, ob die wache-schiebenden schweizer soldaten von heute nun radikal, feministisch, oder gar radikalfeministisch werden?

stadtwanderer

my westside story

des lobes voll waren die medien. die rede war von der verschmelzung des konsums mit der kultur. berichtet wurde über die genialität des weltberühmten architekten. und von der hervorragenden verkehrserschliessung konnte man lesen. doch ganz so einmalig ist das alles nicht, wie ein test ergab!

die neue shopping mall westside am berner stadtrand, gebaut von daniel libeskind
die neue shopping mall westside am berner stadtrand, gebaut von daniel libeskind

um es gleich vorweg zu nehmen. westside gefällt. kein übliches einkaufszentrum, nein ein moderner bau aus beton, stahl, glas und viel holz ist in den letzten 3 jahren am berner stadtrand entstanden. 55 shops bieten ihre ware feil, und sie werden sicherlich erfolg haben. 11 kinos hat’s dazu, ausgerüstet mit der modernsten technik. sie werden sich ihr publikum finden. und wem das nicht reicht, der bekommt sei erlebnisbad, kann sich im hotel einquartieren, um am lebensabend direkt in die altersresidenz zu übersiedeln.

doch mit einem, das ich in all der werbung über die neue shopping mall von bern las, bin ich nicht einverstanden. ich habe gestern sonntag abend versucht, mit dem umweltschonenden öffentlichen verkehr von hinterkappelen nach brünnen zu gelangen.

gar nicht so einfach autolos von der peripherie in die peripherie zu gelangen, muss ich festhalten!

nur der start war klar: mt dem postauto richtung stadt. doch dann gabs die ersten probleme: bis in zentrum fahren, um mit der s-bahn nach bern brünnen zu flitzen, oder nur bis zur station des 14er, um mit dem bus bis an die gleiche stelle zu hoppeln, war die frage?

ich habe mich zweiteres entschieden. und das war mindestens keine gute wahl. denn im blumenfeld von bethlehem habe ich länger als mir lieb war gewartet. als ich den fahrplan studierte, bemerkte ich, dass die frequenz bei einem 4er bus die stunde liegt.

so lange mochte ich nicht warten! also bin ich bis zum bahnhof bümpliz nord zu fuss gegangen. das kann ich jederzeit. dort verpasste ich allerdings die niegelnagel neue s-bahn um haaresbreite, und auch die pendelt nur im halbstundentakt ins neue berner aussenquartier.

shit! – also habe ich den um 15 minuten verspäteten vorortszug ins zentrum genommen, und meine westside-story abgeschrieben.

am berner hb habe ich ich allerdings wiederum anders entschieden als erwartet. denn ich habe ein taxis bestellt, das mich schnurstraks nach brünnen ins einkaufszentrum fahren sollte.

gesagt getan! doch mein chauffeur aus sri lanka kannte die neue einkaufsadresse noch nicht, sodass er mich beim coop gäbelbach auslud.

von da weg bin ich gelaufen. allzuweit war es ja nicht mehr. und eine weitere variante der kollektiven verkehrsbewältigung gibt es ja auch nicht mehr!

nach hause bin ich auch gewandert. omen es nomen. und ich brauchte nicht mehr als eine stunde dafür, genau so viel wie auf dem hinweg …

stadtwanderer

ps:
der fairness halber füge ich bei, dass die eröffnung erst übermorgen ist, und die frequenzen des oevs wohl noch verbessert werden. gottseidank!

wenn der sport geschichte schreibt

geschäft, sport und politik hängen zusammen, – und verraten im verbunden mehr als man meint.

kurz nach dem ersten weltkrieg krachte in fribourg die galternbrücke zusammen. um sie neu aufzubauen holte die stadt den bauingenieur beda hefti an die saane. mit ihm kam ein sportbegeisteter unternehmer ins üchtland, der sportgeschichte schreiben sollte.

1928 gründete beda hefti den freiburger skiclub; 1932 folgte der leichtathletikclub der hauptstadt. beides geschah mit viel engagement, aber nicht selbstlos. denn der ingenieur wollte nicht nur brücken reparieren, sondern auch sportstadtion und skilifte bauen, um den massensport zu fördern und das baugeschäft zu beleben.

der murtenlauf
1931 feierte man in fribourg den gedenktag an die schlacht von murten auf traditioneller art und weise. 450 jahre war es her, dass man als vollwärtiges mitglied in die eidgenossenschaft aufgenommen worden war. die murtenlinde, mitten in der altstadt, seit 1482 schriftlich bezeugt, erinnerte an die kantonsgründung im spätmittelalter.

doch hefti sorgte am ende der traditionellen feier mit prozession zwischen kathedrale und rathaus für eine überraschung. er gewann adolphe flückiger für das experiment, während des gedenkgottesdienstes in murten loszurennen, um rechtzeitig mit dem umzug der behörden durch die fribourger altstadt im kantonshauptort anzukommen. symbolträchtig brachte er einen lindenzweig mit, und erneuerte er damit die legende der siegverkündigung.

die sportliche begeisterung, die man mit gelebter geschichte auslöste, war so gross, dass man am 25. juni 1933 erstmals einen startschuss zum offiziellen murtenlauf abgab. seither findet der lauf ununterbrochen statt, aus klimatischen gründen aber nicht mehr im heissen juni, sondern im kühlen oktober. diesmal ist es die 75. auflage.

adolphe flückiger, der pionier auf der rund 17 kilometer langen strecke prognostizierte nach seinem ersten lauf, dass er nicht nur eine patriotische tag vollbracht habe, sondern auch eine sportbewegung auslösen würde. recht sollte er bekommen: waren es 1933 gerade mal 14 läufer, die den beschwerlichen weg unter die füsse nahmen, sondern es heute gut 1000 mal mehr, die sich beim murtenlauf eintreffen.

die sozialgeschichte
betrachtet man die geschichte der murtenläufe, erkennt man rasch, dass der massensport stets ein getreues abbild der politischen veränderungen in der schweiz war:

1944 nahm die armee am gedenklauf teil, um die entschlossenheit der schweiz im krieg kund zu tun. erstmals waren in diesem jahr mehr als 1000 läufer mit patriotischer absicht unterwegs, wenn auch bei weitem nicht alle freiwillig.

bis 1971 rannten ausschliesslich männer zwischen murten und freiburg. unmittelbar nach einführung der politischen gleichberechtigung zwischen männern und frauen, mischte sich mit marijke moser erstmals auch eine frau unter die teilnehmer. seit 1977 tragen die frauen offiziell eigenen wettbewerb aus, und an der gleichstellung nimmt niemand mehr anstoss.

bis 1992, dem jahr der ewr-entscheidung gewannen ausschliesslich schweizer den gedenklauf. dann änderte sich nicht nur die nationale zusammensetzung des teilnehmerfeldes. es siegten nun auch regelmässig ausländer. charles omwoyo aus kenia war der erste, jonathan wyatt, der mehrfache weltmeister im berglauf aus neuseeland der bisher schnellste unter allen.

wer heute gewinnt und möglicherweise wieder sport- und gesellschaftsgeschichte schreibt, wissen wir schon kurz vor dem mittag, beäugt vom

stadtwanderer

der süsse erfolg

sie ist unterschiedlich lang, aber immer dreieckig. sei hat je nach grösse eine variierende zahl an zacken. doch jeder ist so majestätisch wie die schweizer berge. und die verpackung ist seit menschengedenken gleich. genau deshalb ist sie ein klassiker der werbewelt.


das fest “100 jahre toblerone” dauert noch an (fotos: stadtwanderer)

die rede ist von der toblerone. jede(r) kennt sie. viele schätzen die schoggi. und alle wissen, dass sie eine einmalige form hat, die in speziell gelb silhouette und roter aufschrift verpackt ist.

erfunden hat die toberlone-verpackung der berner unternehmer theodor tobler im jahre 1908. man produzierte damals gute schokolade. doch man wollte sich von allen anderen vergleichbaren produkten unterschieden. deshalb setzte man im berner unternehmen frühzeitig auf werbung und marketing. der berner bären stadt für die lokale verbundenheit, das matterhorn für die globale ausstrahlung der alpen.

100 jahre danach kann man sagen: das unterfangen ist gelungen! toblerone ist eine weltmarke. in 120 ländern der welt wird die schokolade vertrieben. sie steht für schweizer schoggi schlechthin.

auch wenn der familienbetrieb zwischenzeitlich der kraft food company gehört, produziert wird unverändert in bern. einen substanziellen teil zum welterfolg des qualitätsproduktes hat die markenpolitik beigetragen. mögen die berner als konservative, fanatsielose und risikoscheue zeitgenossen gelten. die toblerone zeigt, dass das unzulässig verallgemeinerungen sind. denn theodor tobler hat mit mut, unvoreingenommenheit und zukunftsblick 1908 eine weltmarke geschaffen, die sich sehen lässt.

nicht wenige bernerInnen gedenken heute vor dem münster dieser innovation. musik wird gespielt, und informationen werden verteilt. kühe, die gemolken werden können, fehlen genauso wenig wie bienen, die den süsstoff zur schokolade liefern.

nur kaufen kann man das erfolgsprodukt heute nicht, hiess es eben vielsagend von der bühne. geniessen jedoch schon, fügte der sprecher der schoggiveranstaltung bei, wenn man sich auf das fest in der berner altstadt einlässt …

stadtwanderer

… und wer ist radikal in der schweiz von heute?

mein wochenrückblick war vielleicht etwas happig. deshalb eine lockere form des gleichen themas: “wer ist radikal in der schweiz von heute?”, ist meine frage zum nachdenken.

als anregung eine hitparade von 10, die möglicherweise in frage kommen: ??? minarett-gegner ??? pascal couchepin, bundespräsident ??? armee-waffe-zuhause – befürworter ??? kurt imhof, soziologe ??? die werbebranche ??? christoph mörgeli, konservativer revolutionär ??? die rapper-szene ??? christa markwalder, präsidentin europabewegung schweiz ??? der think tank “avenir suisse” ??? thomas hirschhorn, berner künstler ??? oder ganz andere personen und gruppen???

bin gespannt, was ihr meint!

stadtwanderer

wochenrückblick: was war “radikal” an der schweiz?

ich war diese woche sehr viel unterwegs. stadtwandern, berufsreisen, präsentationen und tagungen lösten einander nahtlos ab. eine wortvariation ist mir dabei an den verschiedenen orten immer wieder begegnet. ein semantischer und historischer wochenrückblick!

schlacht von geltwil im sonderbundeskrieg von 1847: ausdruck des radikalen politikverständnisses und voraussetzung für den heutigen sonderbund
schlacht von geltwil im sonderbundeskrieg von 1847: ausdruck des radikalen politikverständnisses und voraussetzung für den heutigen sonderbund

radikal
den deutschen intellektuellen sei der diskurs der berner liberalen ungenügend gewesen, habe ich am dienstag während der stadtführung gesagt. gemeint war die weiterentwicklung des liberalen gedankenguts in den 1830er und 1840er jahren durch die deutschen professoren an der neu gegründeten berner universität. ihnen ging es nicht nur um handels- und gewerbefreiheit. ihnen genügte es auch nicht, der reaktionären elite eine liberale gegenüber zu stellen. radikal nannten sie ihr programm, weil sie einen umbau der gesellschaft wollten. der soziale wandel, schnell und abrupt, war ihr ziel. denn aus der feudal-aristokratischen gesellschaft sollte endlich eine bürgerlich-demokratische werden. die kleinräumigkeit des handelns sollte durch die grosszügigkeit des wissens abgelöst werden. der diskurs der politik sollte nicht für das volk, sondern mit dem volk geführt werden.
dieses programm war anspruchsvoll, und seine umsetzung war nicht ohne hefitgen widerstand. selbst wenn sie nicht vollständig gelang und der freisinn von 1848 ein mix aus liberalen und radikalen ideen war: die radikale bewegung in der schweiz war es, die entscheidendes zum werden des bundesstaates beitrug. sie war es, welche die einzig erfolgreiche staatsgründung während des revolutionsjahres 1848 vorbereitet, den sonderfall schweiz begründete. das hat dazu geführt, dass der begriff “radical” bis heute akzeptiert ist. die welschen freisinnigen (les radiacaux”) wollen bis nicht darauf verzichten, selbst wenn sich die fdp schweiz von ihrer eigenen geschichte distanziert.

radikalisierung
dem wortstamm bin ich diese woche in einem workshop begegnet. es ging nicht um geschichte, sondern um zukunft. verhandelt wurde die frage, was für globale entwicklungen experten erwarten und wie sich das auf die schweiz auswirken könnte. bisher unbekannte migrationen und neue religionen waren beispielhafte stichworte dazu. ein teilnehmer meinte, er gehe davon aus, dass sich angesichts solcher veränderungen des politische diskurs noch mehr als bisher radikalisieren werde.
was war damit gemeint? symptomatische veränderungen sind heute schon, das der der respekt vor dem gegenüber schweindet. vorstellungen des andern dominieren, nicht selbstbilder. die vorurteile legitimieren nicht selten verbale gewalt. gewisse medien (auch blogs) multiplizieren diese tendenzen, ohne dass ein ende der entwicklung bereits jetzt sichtbar wird. das löst zukunftsängste aus!
bemerkbar macht sich, dass der scwheizerische pragamatismus an bedeutung verliert, dafür die klar bekundete überzeugung wichtiger wird. polarisierungen waren seit der ewr-debatte angesagt, und sie haben unversöhnliche ideologische ausrichtungen wie den nationalkonservatismus oder den linksliberalismus zum ausdruck gebracht.

radikalismus
diese woche war in meinem umfeld auch von radikalismus die rede. es war wieder auf meiner stadtführung für medienschaffende. unsere teilnehmenden aus taiwan hatten schwierigkeiten, sich vorzustellen, was in der schweiz des 19. jahrhunderts geschah. radikal, wie oben besprochen, bedeutet efür sie unmittelbar gewalttätig.
das ist auch nicht ganz falsch. denn radikalismus wird häufig mit extremismus gleichgesetzt. und für den extremismus ist konstitutiv, dass er gewalt befürwortet oder seine anwendung auf bestimmte ob- oder subjekte toleriert. die juristische grenzen, die im rechtstaat gewalt von bürgern untersagen und ein gewaltmonopol des staates stipulieren, gelten dabei nicht mehr trennscharf. es werden auch die moralischen standards, welche die meisten gesellschaften hierzu haben, abgebaut. die enttäuschung, die wut, die angst sind die emotionalen basen der politik, welche den extremismus begründen, bei dem die physische gewaltanwendung möglich wird.

die radikale wurzel des schweizerischen bundesstaates
auch der liberale radikalimus aus der mitte des 19. jahrhunderts kannte seine zu gewalt als politischem mittel. die antworten blieben durchaus verschieden. ein teil befürwortete gewalt, um überkommende gesellschaftliche verhältnisse abzuschaffen. andere waren friedlicher eingestellt, wollten keinen militärischen sieg, sondern einen politischen.
ausgangspunkt hierfür waren die auseinandersetzungen nach der liberalen französischen revolution von 1830, während der die bourbonen gestützt und durch den bürgerkönig abgelöst wurden. den gemässigtere genügten in der folge die neuen verfassungsrechte und das zensuswahlrecht. die radikaleren wiederum kritisierten genau das, denn für sie ging es um die ablösung der feudallasten und die einführung eines allgemeinen (männer)wahlrechtes.
genau diese diskussion fand in der schweiz nach den 1830er umstürzen in den regenerierten kantonen statt. der sich radikalisierende diskurs in den 1840er jahren führten schliesslich in den freischarenzügen zu unkontrollierter gewaltanwendungen mit politischen zielen, zu antiliberalen reaktionen im katholischen milieu und schliesslich zum sonderbundeskrieg.
so werflich dieser bürgerkrieg war: er war der befreiungsschlag, der den freisinnigen bundesstaat erst ermöglichte! das ist mir diese woche bei den begriffsrekonstruktionen wieder klar geworden.

stadtwanderer

auf ein kaffee mit dem neuen monsieur prix

im cafe “glatz” am berner hirschengraben stand er heute morgen unmittelbar vor mir an, um seinen espresso zu bezahlen. der beste moment, um stefan meierhans, den neuen preisüberwacher der schweiz, zu begrüssen.

der neue

“wie geht es dir?”, begrüsse ich den bloggerkollegen. das war natürlich nur rhetorisch gemeint. denn ich wusste: es ist der 1. oktober, und aus dem leiter public affairs and citizenship von microsoft schweiz wird in wenigen minuten der neue preisüberwacher unsere landes. wenn man einen solche tollen job bekommen hat, kann es einem gar nicht schlecht gehen!

unser morgendliches gespräch entwickelt an der stehbar schnell. ob sich die wogen geglättet hätten, die nach der wahl durch den bundesrat entstanden seien, wollte ich wissen. denn man machte in diesem sommer doris leuthard, der volkswirtschaftsministerin der schweiz, den vorwurf, die parteicouleur über die fachliche eignung des kandidaten gestellt zu haben. das sei heute normal, wenn man ein öffentliches amt erhalte, bekam ich vom cvp-mitglied als lakonische antwort.

vom politjob zum angestellten im volkswirtschaftsdepartement
in der tat, waren die bisherigen preisüberwacher allesamt politiker und wurden sie auch immer wieder so behandelt: die einen waren populär, die andern zu zaghaft – genauso wie unsere volksvertreter. zwei der preisüberwacher wurden später bundesräte, andere waren parlamentarier, bevor sie monsieur prix wurden. die meisten sind der öffentlichkeit heute noch bekannt: leo schürmann, odilo guntern und joseph deiss kamen aus den cvp-reihen; werner marti und rudolf strahm sind oder waren sp-nationalräte, und leon schlumpf vertrat die bündner svp in der volksvertretung in bern, als es diese partei im staatstragenden sinne noch gab.

kind der hochkonjunktur, wurde der preisüberwacher 1972 jahren eingeführt und bei abflachender inflation auch wieder abgeschafft. ganz zum ärger der konsumentInnen-organisationen notabene, die 1979 eine volksinitiative für eine dauerhafte preisüberwachung lancierten! in der volksabstimmung 1982 stimmten 56 prozent für die volksinitiative. damit sind alle preise von marktmächtigen unternehmen des öffentlichen und privaten rechts der preisüberwachung zur kontrolle und allfälligen korrektur unterstellt.

es mag sein, dass sich mit dem promovierten juristen (spezialgebiet: “norwegisches und schwedische kaufrecht”) stefan meierhans das rollenbild des preisüberwachers ändern wird. denn er ist der erste in diesem amt, der ganztags preisüberwacher sein wird. das ist gut so! und der 40jährige ist auch der erste, der nicht schon auf eine gestandene politkarriere blicken kann. so ist zu vermuten, dass seine öffentliche wirkung geringer sein wird, als die seiner vorgänger. dafür dürfte er weniger dem druck ausgesetzt sein, aus rein politischen erwägungen heraus, intervenieren zu müssen. wie er diese herausforderung meistern wird, werden wir schon bald sehen. ich bin auf jeden fall gespannt!

der bloggerkollege
unser morgendlicher smalltalk endet mit einige worten über den stadtwanderer. denn diesen kennt stefan von beginn an. wir haben uns über blogs kennen gelernt, und wir haben uns immer wieder über unsere erfahrungen damit ausgetauscht. nur mitgewandert ist der gute stefan noch nicht.

also unterbreite ich ihm hiermit meine einladung, den ersten betriebsausflug mit seiner neuen crew auf einer direktdemokratisch – kartellistisch – konsumentenschützerisch ausgerichteten stadtwanderung durch bern zu verbringen! schauplätze hierfür gibt es genug. und ich verspreche schon jetzt: obwohl ich in solchen sachen fast ein monopol habe, werde ich mich – wie eigentlich immer- hüten, dafür einen hohen preis zu heuschen!

viel glück, stefan!

stadtwanderer