die rückkehr des ausgeschlossenen bubenbergs

eigentlich wissen wir wenig über adrian von bubenberg. seit johannes von müller, der erste nationalhistoriker der schweiz, ihn am ende des 18. jahrhunderts als standfesten helden in der schlacht von murten verklärt hat, gibt es mehr geschichten, legenden und gerüchte über ihn, als gesicherte historische interpretationen. eine spurensicherung durch den stadtwanderer!

2591933225_db12738be8.jpgdazu passt, dass ein er als einer der wenigen grössen der stadt bern ein denkmal erhalten doch, dieses jedoch von der ersten stunden an umstritten war und selbst der standort im verlaufe der zeit gezügelt wurde. nicht einmal der berühmteste spruch, den man von ihm kennt, ist historisch: “solange eine ader in uns ist, gibt keiner nach”, wäre zwar nach dem desaster, das die kapitulierenden bernischen besatz von grandson erlebt hatten, ein durchaus nachvollziehbarer befehl gewesen, allein, der erste beleg dafür ist gut 300 jahre jünger als das ereignis.

dafür ist der hut echt, den adrian momentan trägt: er ist unfreiwillig zum held der niederländischen fussball-touristen avanciert, die in erklommen und sein haupt bedeckt haben.

die kontroverse zwischen von diesbach und von bubenberg

zu den historisch gut belegten teilen des lebens von adrian von bubenberg gehört dagegen seine rivalität zu niklaus von diesbach, weil sie sich selbst in den ratsprotokoll der bernischen regierung spiegelt. altersmässig waren beide vergleichbar. in die bernische politik stiegen sie gemeinsam ein. beide wurde bei pilgerfahrten in den nahen osten zu rittern geschlagen. beide brachten sie es mehrfach auf den stuhl des schultheissen. und beide spielten als heerführer in den burgunderkriegen eine wichtige rolle.

doch ihr herkunft war anders: die von bubenbergs gehörten zu den traditionsreichen adelsfamilien in bern, derweil bei den von diesbach das “von” nicht echt war. denn er war ein bürgerlicher. einer mit viel geld, das er im tuchhandel gemacht hatte und mit dem er sich in die politik eingekauft hatte, während die von bubenbergs, überall verschuldet, ihre rechnungen meist anschreiben liessen, bis es wirklich nicht mehr ging. der eigentliche gegensatz äusserte sich in ihren aussenpolitischen beziehungen: niklaus von diesbach war dem frankenkönig ergeben, während adrian von bubenberg mit den burgundischen herzögen verhängt war.

zum eigentlichen eklat zwischen beiden kam es, als der königliche stand bern dem benachbarten herzogen von savoyen 1474 den krieg erklärte. schultheiss niklaus von diesbach fühlte sich nun frei, offensiv zu handeln. er wollte seine mission im dienste des französischen königs möglichst ungehindert realisieren. dazu war er zu allem bereit. ganz anders war kleinrat adrian von bubenberg disponiert. er suchte den konflikt auf die savoyischen besitzungen einzugrenzen und eine ausdehnung auf burgund zu verhindern. er wirkte vermittelnd, war zu allerlei kompromissen bereit.

der eklat: von bubenbergs ausschluss

als die tagsatzung das aggressive vorgehen von diesbachs 1475 im jura und in der waadt kritisierte, hätte die stimmung zugunsten von bubenbergs kippen können. doch der mächtige schultheiss von diesbach setzte sich in seiner vaterstadt durch. er inszenierte eine handfeste intrige gegen seinen widersacher, isolierte diesen und scharte den handlungsunfähigen kleinrat um sich.

adrian durfte sich vor seinen regierungskollegen nicht einmal verteidigen. er wurde auf antrag des schultheissen direkt aus der regierung und aus der politik ausgeschlossen.

niklaus von diesbach bezahlte seinen griff nach den sternen kurz danach mit dem leben.

der triumph: von bubenbergs rückkehr

adrian von bubenberg, der ausgestossene, schmollte noch eine zeit in seinem spiezer schloss. als bern im burgunderkrieg ernsthaft in die bedrouille kam, rief man den ausschlossenen, aber wohlverdienten altpolitiker wieder an die aareschlaufe zurück. dem erfahrenen feldherr wurde die ehrenvoll aufgabe übertragen, murten zu besetzen und gegen alle angriffe zu verteidigen.

man weiss es: das gelang adrian von bubenberg, selbst wenn er damit seinen jugendfreund karl den kühnen ins verderben stiess.

adrian von bubenberg wurde danach rehabilitiert, stieg nochmals ins amt des schultheissen auf und unternahm in savoyen und frankreich vermittelnde missionen gegenüber berns nachbarn. er starb später an pest. doch solange eine ader in ihm war, gab er nicht nach!

stadtwanderer

niklaus der kühne

wenn es um den 16. oktober 1475 in der murtener geschichte geht, überbieten sich die berichterstatter mit unüblichem: die neuenburger chronik hält fest: ” le discord fut si grand, qu’on ne savoit connoître de quel parti il en avoit le plus.” was war geschehen?

pers034.jpg

1473 einigten sich der kaiser friedrich iii., ein habsburger, und der burgundische herzog, karl der kühne, nicht auf die wiedergeburt des burgundisches königreichs, das 1378 untergegangen war. ein solcher titel hätte karls position gegenber dem französischen könig gestärkt, jedoch auch gegenüber dem kaiser. friedrich wusste darum und verlangte als preis, dass karl einzige erbin, seine tochter maria, den sohn des kaisers heiraten müsse.

karl entschied sich, den durchbruch auf den schlachtfeldern zu suchen. um ihn zu schwächen, befriedete das haus habsburg, vermittelt durch den französischen könig, den seit 1315 wiederkehrenden zwist mit den eidgenossen.

schultheiss niklaus von diesbach

zentrale figur der eidgenossen war der berner schultheiss niklaus von diesbach. seine familie war als tuchhändler reich geworden und in die berner politik eingestiegen. dabei nutzte man die alten handelsbeziehungen an die europäischen königshöfe, um jetzt diplomatie zu betreiben. niklaus von diesbach war 1465 erstmals berner schultheiss geworden. keiner war so jung wie er in dieses amt aufgestiegen. und das machte ihn bei den alten eliten, den traditionellen junkern wie adrian von bubenberg, von anfang an verhasst.

1474 ist niklaus von diesbach auf der höhe seiner macht. zuerst bindet er bern mit einem bündnis an den französischen königshof, dessen kammerherr er geworden war. dann überzeugt er den habsburgischen herzog für vorderösterreich, mit den eidgenossen einen dauerhaften frieden, die sog. ewige richtung, abzuschliessen. die niedere vereinigung rund um basel schoss zudem dem habsburger geld vor, um ihn aus der burgundischen umklammerung zulösen. schliesslich erklärt der berner schultheiss der herzogin von savoyen und deren stellvertreter, jakob von savoyen, graf von romont, am 14. oktober 1474 den krieg. das sollte nicht ohne folge bleiben, den savoyen war mit burgund verbündet.

die besetzung murtens durch bern und freiburg

noch bevor die tagsatzung das bündnissystem akzeptierten, liess niklaus von diesbach murten besetzen. nur zwei tage nach der kriegserklärung an den savoyischen hof, verlangten berner und freiburger vom savoyischen städtchen unmissverständlich, dass es seine tore öffnen müsse. das löste die unordnung in der stadt aus. die murtener chronik hält fest:

“Gross war die Gährung der Gemüther; tumultuarisch die Berathungen. Selbst die Weiber nahmen Parthey.”

doch die savoyerpartei unterlag: der schultheiss, humbert de lavignies, flüchtete aus der stadt, und der bürgermeister, richard rossel, starb, wie es heisst “aus verdruss”.

der wilde krieg gegen burgund

niklaus von diesbach erhielt für seine aktion vom französischen könig 20’000 livres, was dem staatsetat berns von einem jahr entsprach. die hälfte floss in die familienkasse, die andere hälfte wurde unter den günstlingen von diesbachs verteilt. ein teil der berner kam so zu viel geld, genau das, was den alten junkern fehlte.

mit seinen getreuen unternahm der berner schultheiss 1475 eigenmächtig einen angriff auf die burgundischen truppen, die in pruntrut berner eingekesselt hatten. gleichzeitig griffen die berner und freiburger in diesem sommer plündernd und mordend die waadt an.

die tagsatzung verurteilte das eigentmächtige und brutale vorgehen, und auch adrian von bubenberg opponierte im berner kleinrat. doch gelang es niklaus von diesbach, sich in bern durchzusetzen. adrian von bubenberg wurde auf treiben von diesbachs hin aus dem kleinrat ausgeschlossen und zog sich auf sein landgut in spiez zurück.

nun wollte niklaus von diesbach definitiv zum grossen gegenspieler von herzog karl werden. das war kühn, ja tollkühn. in blamont, in der nähe von pruntrut wurde er nur wenige tag nach seinem sieg in der politik von einem pferd tödlich verletzt.

doch bern befand sich in einem selbstgewollten krieg, ohne vom kriegstreiber geführt zu werden.

à suivre

stadtwanderer