die überraschende kulturgeschichte der farbe orange

orange ist unbestrittenermassen die farbe der orangenfrucht. und es ist ebenso unbestrittenermassen die farbe der niederländer. dennoch sind die niederländer – unbestrittenermassen – nicht alles orangen.

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das orange der niederländer ist vielmehr der versuch des hauses oranje-nassau, die erbmonarchie, die seit 1813 ungeborchen dessen familienmitgliedern gehört, in der bevölkerung zu popularisieren. die farbe gehörte (damals) keiner partei, und so wurde sie im 20. jahrhundert die nationalfarbe der niederländer. die briefkästen in amsterdam sind orange, und die fussballnationalmannschaft hat selbstverständlich auch diese farbe gewählt.

wenn die niederländer die nationalhymne singen, dann erinnern sie sich an wilhelm von oranjen. das war ein deutscher, und er war der gouverneur, der im 16. jahrhundert unter den habsburgischen spaniern die unabhängigkeit der niederländischen nation erkämpfte. dass er dabei starb, hat ihn zum heldenhaften märtyrer gemacht, auf den man sich in den niederlanden gerne beruft.

doch auch oranjen, der titel von wilhelm, ist in keinem niederländischen gewächshaus entstanden. er kommt aus dem rhonetal. aus orange! das ist kein apfelsinenhain, sondern eine kleinstadt in frankreich, die heute nicht einmal 30000 einwohner zählt. doch 1186 erhob kaiser friedrich i., der mit dem roten (nicht orangenen) bart, die stadt zum selbständigen fürstentum im kaiserreich. seither nannte sich der herr von orange prinz von oranien.

der titel ging später an die burgundischen grafen von chalon und von dort durch heirat an das hause nassau, das sich hinfort durch den zunamen nassau-oranien einen besonderen glanz unter den adeligen gab. und aus dieser familie stammte wilhelm, prinz von oranien, der urvater der holländer, seeländer und utrechter, der so den namen an den kanal brachte.

das französische orange im rhonetal ist eigentlich das lateinische aurausio. das war im altertum ein gefürchteter name. denn an diesem ort verloren die truppen der römer 105 vor chrsitus erstmals gegen die germanen. wandernde kimbern und teutonen, grossgewachsene, kampfeslustige männer(und frauen) besiegten die kleinstämmigen und etwas schlappen römer und begründeten so die furcht der südländer gegen die nordländer.

so schliesst sich der bogen fast. denn orange ist die farbe der niederländer, ohne eine orange zu sein. nicht einmal oranje meint orange, sondern nur ein titel. der ist zwar aus orange, aber nicht aus orangen.

diese kommen in europa aus portugal. persische und arabische händler vermittelten die kreuzung von mandarinen und pamplemusen, die man in china vorgenommen hatte, im 15. jahrhundert in unseren kontinent. deshalb haben die araber noch heute nur ein wort für orangen und portugiesen. und diese sind, würden wir schweizer sagen, auch ganz süss, wenn sie gegen uns im fussball verlieren. aber sie sind gottseidank nicht in orange gekleidet. denn sonst würde diese kulturgeschichte zu den orangen gar nie enden!

stadtwanderer, auf dem weg in die orangene stadt bern

(und morgen erzähle ich wie die berner den prinzen von oranien tatsächlich einmal besiegt haben …)

bildquelle: apropos