hoher besuch aus korea

am letzten freitag abend war noch meine stadtwanderung mit meinem hohen besuch aus korea. der war eben erst um die halbe erde angereist, um in bern gleich als erstes in die geschichte der demokratie in der schweiz eingeführt zu werden.

chang.gif

(foto: bruno kaufmann)

viel zum gelingen der tour beigetragen hat jun-ho chang, politik-professor in soeul, der in münchen studiert hatte und der, soweit ich rückmeldungen bekommen habe, ausgezeichnet zwischen deutsch und koreanisch übersetzte und interpretierte. besondere freude hatte professor chang, als ich ihm zeigte, wo einst georg friedrich hegel in bern gelebt hatte, denn chang hat über eben diesen hegel als begründer internationaler normen der weltgesellschaft doktoriert. vor überraschung hat er mich gleich umarmt! er fand übrigens auch meinen vortragsstil speziell. am anfang musste er immer wieder ein wenig lachen. er sagte beim nachtessen, er sei es nicht gewohnt gewesen, dass ein wissenschafter so herzhaft aus dem leben gegriffen anschaulich-bildhaft und dramatisch-energisch erzähle.

die gruppe selber war im auftrag der korea democracy foundation unterwegs. diese wird seit 2001 staatlich gefördert und hat die aufgabe, an der demokratisierung der gesellschaft zu arbeiten. das formelle war der gruppenleitung ganz besonders wichtig. beim nachtessen hat die stiftung mit dem stadtwanderer gleich einen eigentlichen freundschaftsvertrag signiert. bald wandere ich also auch in soeul! vor dem neuen baldachin hat man mich schon mal umgebung von kreanischen parlamentariern fotografiert.

während und nach der führung hatten wir einige interessante diskussionen über die bestimmung von demokratie, vor allem über moderne und vormoderne demokratievorstellungen. diese debatte ist nicht nur für die schweiz von belang, sondern ganz offensichtlich auch für korea. dr. lee, die weltgewandte delegationsleiterin, zum beispiel war der auffassung, in korea gäbe es mehr vormoderne traditionen von demokratie als moderne.

da waren sie natürlich bei mir gerade an der falschen adresse: denn meine demokratieführung leitet demokratie nicht auf der polis-herrschaft der antiken griechen städte ab, weil diese keine vorstellung von der gleichberechtigung aller menschen entwickelt hatte. das gehört für mich unverzichtbar zu den demokratischen grundwerten.

vielmehr begründe ich bei meinen führungen demokratie in der europäischen aufklärung, dem naturrecht, den menschenrechten und in den ideen der französischen revolution. und das hat meine teilnehmerInnen, glaub ich, durch die vermittlung von professor chang verstanden zu haben, schon mal ganz stark herausgefordert. nicht nur die zeitverschiebung, die meine mitwandererInnen in ihren immer schwerer gewordenen beinen mitschleppten!

stadtwanderer