die burgunder- und die alemannenthese für die geschichte des schweizer raumes – und für meinen lebensraum

ende der serie: “burgund in bern”

teil 7 der serie: “burgund in bern”
teil 6 der serie: “burgund in bern”
teil 5 der serie: “burgund in bern”
teil 4 der serie: “burgund in bern”
teil 3 der serie: “burgund in bern”
teil 2 der serie: “burgund in bern”
teil 1 der serie: “burgund in bern”
vorschau zur serie: “burgund in bern”

in den meisten schulbüchern geht die geschichte anders als in meinem blog. da kamen die alemannen in der silvesternacht des jahres 406/7 scharenweise über den zugefrorenen rhein. sie nutzen die machtschwäche roms, die durch den truppenabzug nördlich der alpen entstanden war. sie drangen das aaretal hinauf und schwärmten in die seitenarme aus. und bald war fast das ganze mittelland alemannisch, genauso wie es heute ist. eigentlich sind die alemannen die nachfolger der helvetier, zwischen denen die römer eine weile über die schweiz regierten. die alemannen aber gehörten nie zu einem königreich, waren immer frei und bildeten dann 1291 die eidgenossenschaft, zwischenzeitlich gut 700 jahre alt.

das ist die alemannenthese. in der neuen geschichtsschreibung der schweiz, wie sie von den spezialisten der spätantike und frühen neuzeit, etwa von professor reinhold keiser an der uni zürich oder dr. justin favrod von der uni lausanne vertreten wird, zeichnet für die das 5., 6. und 7. jahrhundert ein ganz andere bild. von diesem habe ich mich inspirieren lassen, als ich meine burgunderthese in den vorangegangenen blogbeiträgen entwickelt habe. hier nochmals die grundlegende argumentation.

die schwäche der alemannenthese

gegen die alemannenthese spricht vor allem die spätantike geschichtsschreibung. demnach waren die alemannen kein germanenvolk, das aus dem norden kam. vielmehr entstanden sie nach 260 aus der germanischen stämmen, die den zerfall des limes zwischen rhein und donau nutzten, um sich rechts des rheins, aber auf römischem gebiet niederzulassen. ihnen bot man einen föderatenvertrag an, der sie verpflichtete, den boden zu bebauen und militärdienste zu leisten. sie sollten die grenzen für die römer und gegen weitere germanen schützen.

das arrangement klappte bis etwa 350 gut. doch dann brachen alle schutzwälle, selbst wenn sie rhein hiessen. die alemannen drangen weit über die germania links des reihen in die belgica vor und bedrohten selbst die kaiserstadt trier. kaiser julian eilte in den norden, und er besiegte die alemannen 357 bei argentorate, dem heutigen strassburg. danach setzte man den föderatenvertrag aus und heuerte die burgunder, deren vorhut im main-gebiet lebten für den gleichen zweck an; weiter im norden übernahmen die franken diese aufgabe.

407, als die römer unter general stilicho ihre truppen in britannien und gallien nach süden beorderten, um die nach italien vordringenden westgoten aufzuhalten, nutzten verschiedene stämme das effektive machtvakuum: allen voran die vandalen, die sueben und die alanen, die tief ins gallische gebiet eindrangen und selbst nach spanien weiterwanderten. in ihrem gefolge setzten auch die erst burgunder über, um zwischen worms und strassburg rechts des rheins zu siedeln. von einer grossen einwanderung der alemannen ist indessen nirgends die rede. ihre lektion von strassburg wirkte noch nach, denn nach ihrer militärischen niederlage im jahre 357 verharrten sie in ihrem refugium rund um den schwarzwald.

die stärke der burgunderthese

es waren die burgunder, die 435 vor den hunnen, zwischenzeitlich mit den römern verbündet, auswichen. wiederum war trier das ziel der eindringlinge, das die römer nicht zuliessen. die militärisch besiegten burgunden wurden danach in die sapaudia verfrachtet und ebenfalls mit einem föderatenvertrag bedient. lange glaubte man, diese sapaudia sei das rhonetal nach genf gewesen. heute geht man eher davon aus, es sei die maxiama sequania gewesen, das gebiet der sequaner und helvetier mit den zentralen orten vesontio (das heutige besançon) und aventicum (das heutige avenches). archäologische funde, aber auch die schriftlichen berichte über die ausdehnung der burgunden sprechen für diese auffassung.

von hier aus dehnten sich die burgunden nach der schlacht auf den katalaunischen feldern, welche die römer gegen die nun verfeindeten hunnen schlugen, die aber zu destabilisierung des weströmischen kaiserreiches führte über genf hinaus aus und wurden nach 455 die herren nicht nur des aare-, saane- und broyetales, sondern auch des rhone-, saone- und doubstales. Hier hatte ihre spätere burgundia denn auch ihr zentrum, und hier regierten die burgundischen unterkönige in den spätantiken römerstädten.

die verbindung von germanischen burgunden, die nun sesshaft geworden waren, und der galloromanischen bevölkerung gelang der burgundern mit ihrer volksgesetzgebung unter könig gundobad. die christianisierung der burgundern, wie man sie jetzt nennen konnte, gelang unter könig sigismund, der mit st. maurice in agaunum das burgundische hauskloster nahe des genfersees schuf.

die nachfolger der keltischen helvetier, die romanisiert worden waren, sind die burgunden, die sich ebenfalls von der römischen kultur angezogen fühlten. die alamannen, die sich der gallorömischen kultur verschlossen, scheiden also aus!

militärisch waren die burgunder jedoch nur solange stark, als sie in der römischen armee auftreten und römische heere mit germanischen söldnern führen konnten. auf sich gestellt waren die burgunder jedoch zu schwach, sich vor allem gegen die mächtig ausgreifenden franken zu bestehen, weshalb sie den schutz zuerst der westgoten, dann der ostgoten suchten und fanden. nach dem tod ihres königs theoderich konnten sie dem fränkischen druck nicht mehr wiederstehen und wurden erobert.

die einheit des rhonetals mit seinen seitenarmen und des aaretales mit zuflüssen zerfiel jetzt allerdings. der arc lémanique, würde man heute sagen, blieb burgundisch und wurde von orléans aus fränkisch regiert, während das plateau davon abgetrennt zum fränkischen königreich kam, das in reims sein zentrum hatte. hier regierten die ripuarischen franken, das heisst die am wenigsten romanisierten, die unter könig theuderich I. vor allem die gebiete rechts des rheins erschliessen und neu ordnen wollten, um eine ausdehnung des oströmischen reiches zu verhindern.

der prägende konflikt zwischen burgundern und der alamannen

das ist der moment, indem die alamannen, die in der geschichtsschreibung häufiger alamannen genannt werden, wieder ins spiel kommen. vorher waren sie nie ein königreich gewesen; vielmehr kann man sie nach 496, als sie von den franken besiegt wurden, als fränkisches herzogtum ansprechen, wurden aber am oberrhein bald zu einem ostgotischen protektorat. jetzt, wo die goten vom oströmischen kaiser bekämpft wurden und die franken am nach osten ausgriffen, waren die alamannen unter ihren herzögen als teile der fränkischen eroberungszüge in italien willkommene, aber nicht durchschlagend erfolgreiche helfer.

es erscheint am plausibelsten, dass die alamannen zwischen 534 und 555 über den rhein drängten. sie waren ein teil der fränkischen expansion dieser zeit. sie siedelten sich unter anderem wieder dort an, wo sie 357 vertrieben worden waren, nämlich im heutigen elsass, und drangen auch das aaretal hinauf nach süden vor. wie weit sie dabei kamen, bleibt umstritten. in der regel geht man aber davon aus, dass mitte des 6. jahrhunderts im aaretal ein mischung der burgundischen und alamannischen bevölkerung entstand.

der sich anbahnenden kultur- und herrschaftskonflikt, den man 561 mit der aare als natürlicher grenze regeln wollte, wird im harmonisierenden schweizerischen geschichtsbewusstsein gerne, aber zu unrecht vergessen, denn er ist der ursprung der heute sprachregionalen gegensätze, die auch kulturunterschiede darstellen.

man kann das auch so sagen: am ende der völkerwanderungszeit waren burgunder, alamannen (und langobarden) im gebiet der heutigen schweiz, welche die galloromanischen und rätoromanischen überlagerten, aber in sehr unterschiedlichem masse in die vorherrschende kultur integriert waren. am wenigsten war das offensichtlich bei den alamannen der fall.

deshalb zerfallen die römischen zentren, die von den alamannen umgeben waren ganz. typisch hierfür ist vindonissa, das heutige windisch bei brugg, das 517 nachweislich noch burgundisch war, dann aber ganz abgeht. ganz so drastisch war die situation im westlichen plateau nicht, aventicum, das notdürftig gehalten wurde, blieb noch bestehen, doch verliess auch hier der bischof seinen angestammte sitz, um in lausanne – und dort auf den höchsten und damit sichersten hügel – ruhe vor dem sturm zu finden.

der fränkische bruderkrieg, der 561 zuerst im norden zwischen den königen in reims und tournai ausgebrochen war, fand nach 595, dem tod von könig childebert, seine fortsetzung am oberrhein. childbert hatte zu seinen lebzeiten bestimmt, dass sein beiden söhne, theuderich, in frankreich besser als könig thierry, und theudebert, in deutschland mehr als könig dietrich geläufig, die königreiche von austrien und burgund erhalten sollten, die sich wie neustrien als zuverlässige regionen nach dem zerfall der spätantiken strukturen erweisen hatten.

doch die grenzziehung zwischen beiden war nicht eindeutig, seit die alamannen den rhein überschritten hatten und im elsass und im aaretal siedelten. vereinfachend legte childebert den rhein als grenze fest, folgte damit wenigstens in der alten maxima sequania der alten grenze, täuschte sich wohl aber über den wandel der gesellschaft. thierry und dietrich mussten sich 610 im elsässischen seltz treffen, um die grenzstreitigkeiten zu bereinigen. dabei wurde thierry überrumpelt, denn die alamannen griffen im elsass und im aaretal flächendeckend an. Im aaretal dürften sie bei dieser gelegenheit die ansiedlung burgundischer bevölkerung mindestens bis über die saane nach westen verdrängt haben. Gesicherter orte der burgunder war jetzt aber nicht mehr das plateau, sondern der lausanne mit dem dortigen bischof.

die folgen für die schweizergeschichte

mit der burgunderthese bekommt die geschichte im gebiet der schweiz während der völkerwandung ein neues gepräge:

erstens, die alemannenthese, die ein unmittelbare nachfolge der germanischen alamannen auf die keltischen helvetier postuliert, muss zeitlich und örtlich revidiert werden. Im unteren aaretal dürfte die burgundische besiedlung nie bedeutsam gewesen sein; ihre herrschaft dürfte von der existenz von vindonissa abgehangen sein. das obere aaretal, samt dem saane- und broyetal dagegen dürfte mindestens auf der linken seite, das zum gebiet von aventicum zählte, bis zum weggang des dortigen bischofes primär burgundisch bevölkert gewesen sein. Die archäologie, aber auch die ortsnamenforschnung sprechen hierfür. hier folgten die alamannen den galloromanen und burgundern vor allem als plünderer, ohne dass sie je das gebiet beherrscht hätten. gerade für den raum der späteren stadt bern sind diese gewichtung nicht ohne bedeutung.

zweitens, für die schweizer raumgeschichte bedeutsam ist aber, dass die alamannen nicht ein freies volk waren, sondern untertanen der römer, der franken, der goten und wiederum der franken, mit denen sie sich selten auf längere zeit gut verstanden. sie liessen sich nach militärischen niederlagen einbinden, kannten aber kaum je stabile herrschaftsverhältnisse, die das hätten garantieren können. deshalb blieben die alamannen für wen auch immer unsichere kantonisten. das erschwerte es auch, sie zu christianisieren. der bischof in konstanz, um 600 eingesetzt, weil mainz zu weit weg war, um die alamannen zu bekehren, war nie eine autorität bei ihnen, und die mönchen, die man den alamannen bis mitte des 8. jahrhunderts schickte, wurden entweder erschlagen oder wanderten wieder aus. damit vertiefte sich der ethnische, kulturell und sprachliche graben zwischen den burgundern und alamannen, soweit, dass nur eine grenzraum zwischen ihnen, wohl zwischen aare und saane, und die strenge hand der karolinger über ihnen das zusammenleben nebeneinander sicherte.

dieses nebeneinander bewirkte aber auch andere entwicklungen, die sich im 9. jahrhundert, als die fränkische macht zerfiel zeigen sollten. das grosse thema dieser zeit, in der das königreich burgund von st. maurice, und das schwäbische herzogtum von chur aus wieder entstanden, war es, formen der friedlichen koexistenz der bauern- und kriegergesellschaften zu entwickeln, die sich nicht mehr verstanden. adelsheiraten, imperiale vorgaben, zähringischer strassen- und städtebau legte die grundlagen dazu, dass sich im 13. jahrhundert verschiedenste eidgenossenschaften als städte- oder landbünde entwickelten, die nach der grossen pest von 1350 zusammenschlossen und im sempacherbrief von 1393 nach der vertreibung der habsburger aus dem aaretal resp. im stanser verkommnis, das nach dem sieg über die letzten burgunder aus dijon geschlossen wurde, die grundlage für die schweiz legte, die sich 1495 von der reichsreform, 1648 von heiligen römischen reich deutscher nation und 1815 von frankreich emanzipierte, um 1848 zur schweizerischen eidgenossenschaft zu werden.

die schweizerische eidgenossenschaft hat die helvetischen wurzeln der schweiz in der eisenzeit wieder und die befreiungsgeschichte von habsburg in der nationalgeschichtsschreibung betont. mit ihr wurde die alemannengthese populär, in den 30er jahren des 20. jahrhunderts sogar doktrinär. letztmals aufgewärmt worden ist sie anfangs 2007 in der weltwoche, welche die schweizer geschichte kurz vor dem wahljahr neu ausrollen wollte.

die folgen für meinen lebensraum und meine lebenswelt

in der geschichtsschreibung seit johannes von müller, in der die brugunderthese immer eine grössere rolle gespielt hatte, sieht man das ganze in einem grösseren zusammenhang: demnach die schweiz nicht 1291 gegründet worden, sondern schrittweise entstanden, und erst 1648 selbständig resp. erst 1848 souverän geworden. vorher war sie aber ein bisweilen essentieller, bisweilen randständiger bestandteil des römischen, später des römisch-fränkischen und schliesslich des römisch-deutschen reiches. Und in diesem spielte burgund, das in der völkerwanderungszeit entstanden war, am ende des 9. jahrhundert wieder als selbständiges königreich entstehen sollte, nach 1034 als unselbständiges königreich letztlich bis 1378 bestand, und in der person von karl dem kühnen, 1475 wieder entstehen sollte, eine erhebliche rolle.

diese aufzuspüren als teil der herrschafts- kultur- und raumgeschichte meines lebensraumes, war der sinn der kleinen, ersten serie über burgund in bern, die hiermit vorläufig abgeschlossen wird.

stadtwanderer

zius später sieg: die eroberung des aaretales durch den alemannischen kriegsgott

teil 7 der serie: “burgund in bern”

teil 6 der serie: “burgund in bern”
teil 5 der serie: “burgund in bern”
teil 4 der serie: “burgund in bern”
teil 3 der serie: “burgund in bern”
teil 2 der serie: “burgund in bern”
teil 1 der serie: “burgund in bern”
vorschau zur serie: “burgund in bern”

noch einmal versuchten die burgundischen könige, die teilung des mittellandes entlang der aare, wie sei 561 beschlossen worden war, wettzumachen. doch dabei wurden sie von ihrem kriegsgott ganz verlassen: 610 kam es zum desaster für die burgunder in der schlacht von wanga, wohl dem heutigen wangen an der aare: sie unterlagen den alamannen!


fränkisches reich nach 561 mit neustrien, austrien und burgund als zentrale vaterländer

der aufstieg austriens im fränkischen reich

nach dem tod des frankenkönigs chlothar im jahre 561 wurde sein reich unter seine vier söhne aufgeteilt. chilperich erhielt tournai und den norden, charibert paris und den westen, gunthram orléans und den süden, und sigibert wurde könig von reims, dem der osten zufiel.

anders als seine brüder, die nach fränkischer sitte, mägde des eigenen hofes oder sklavinnen des marktes zu ihren frauen nahmen, vermählte sich sigibert mit der westgotischen prinzessin brunichilde und feierte die hochzeit nach römischem vorbilde. sein halbbruder chilperich, der es nicht verkraften konnte, nicht der einzige erbe von chlothar gewesen zu sein, erzürnte und begehrte galswintha, die schwester brunichildes. nach längeren verhandlungen, die sich vor allem um sein abendteuerliches vorleben drehten, erhielt er galswintha zur frau. doch die ehe stand unter keinem glücklichen stern, denn chilperich wandte sich schon im ersten jahr von seiner gemahlin ab, liess die erst 17jährige galswintha erdrosseln, um fredegunde, seine frühere geliebte, zu heiraten.

nun war der gegensatz zwischen brunichilde und fredegunde, sigibert und chilperich unüberbrückbar geworden. beide paare strebten nach dem ganzen im frankenreich. sigibert schickte sich an, die gebiete seines halbbruders zu erobern, was ihm auch gelang. es zeichnete sich schon eine neue monarchie ab: im osten hatte sigibert die anerkennung des kaisers gewonnen, und im westen war er mit haus des mächtigen westgotenkönigs verheiratet. und über die auvergne, die ihm gehörte, hatte er schon einen fuss beinahe ans mittelmeer gesetzt!

als sich sigibert in vitry auf den schild heben liess, wurde auch er meuchlings ermordet. jetzt war plötzlich chilperich war seinem ziel, alleiniger herrscher des frankenreiches zu werden, nahe, da auch charibert, sein anderer bruder verstorben war. nur noch gunthram in orléans, der könig von burgund war, konnte ihn gefährden, – und dem machte er nun den hof mit geschenken! denn wer burgund hatte, hatte im frankenreich die mehrheit …


heirat von könig sigibert von austrien und königin bunichilde, westgotische prinzessin

königin brunichildes programm für das frankenreich

doch wer so dachte, war noch ganz in der fränkischen tradition verbunden. er rechnete aber nicht mit brunichilde. diese bemerkenswerte westgotin, schön im ansehen, tatkräftig im handeln, und schlau in ihrer politik, verführte in der gefangenschaft in rouen ihren wächter, chilperichs sohn merowech, kam so wieder frei und übernahm für ihren entführten und zum könig erhobenen sohn childebert die regentschaft, bis dieser volljährig war. childebert stieg denn auch zum könig des fränkischen ostens, austrien genannt, auf und regierte in metz. es gelang ihm gar, burgund vertraglich gesichert zu erben, den könig gunthram überlebte seine vier söhne allesamt.

als nun 595 auch childebert starb, chilperich und fredegunde tot waren, übernahm brunichilde erneut die regentschaft für ihre beiden minderjährigen enkel. einzig der junge chlothar, der sohn von chilperich und fredegunde konnte ihr jetzt noch gefährlich werden. doch sie hatte vorher noch andere herausforderungen im eigenen hause zu bestehen!

ihr älterster enkel, theudebert, war von seinem vater childebert zum könig von austrien bestimmt worden, während theuderich, der andere enkel, burgund erhalten sollte. brunichilde blieb in metz, um für theudebert zu regieren, während sie in chalons-sur-saone, nach öströmischer sitte einen hausmeier mit der verwaltung des reiches von theudrich beauftragte.

ihre die beiden prinzen bestanden ihre taufe im kampf gegen chlothar, den sie besiegten. doch dann trennten sich die wege der beiden: theudebert spannte mit dem austrasischen adel zusammen, heiratete die skalvin bilichilde und verstiess seine grossmutter brunichilde vom hof in metz. diese wählte nun chalons zu ihrem sitz, denn theuderich nahm die grossmutter bei sich auf.

nun kam es deftig: brunichilde setzte jetzt auch ein schlimmes gerücht in die welt, wonach theudebert gar kein rechtmässiger nachfahre von childebert sei, sondern von dessen gärtner gezeugt worden war. einzig ihr lieblingsenkel theudrich in chalons habe das recht, sich fränkischer könig zu nennen. das kam ihr teuer zu stehen: der adel bezichtigte sie, ein verhältnis mit dem hausmeier zu haben, und sich nur so in chalons halten zu können.


alamannen – schlachtensieger bei wanga im jahre 610 – prägen bis heute die kultur der deutschsprachigen schweiz

der krieg zwischen burgund und alemannien

der zwist, der so um 605 zwischen den brüder entstand, blieb nicht ohne folgen: könig childebert hatte nämlich veranlasst, dass theuberich nicht nur das burgund von gunthram erhalten sollten. er hatte auch bestimmt, dass die alte burgundia in ihrem alten grenzen wieder hergestellt werden sollte. demnach wäre der rhein zwischen burgund und astrasien zur grenze geworden, womit das elsass und das aaretal, seit mitte des 6. jahrhunderts durch alamannen besiedelt und dem dukat des alemannischen herzogs zugeordnet, wieder an burgund gekommen wären.

theudebert hatte sich geweigert, auf diese gebiete zu verzichten, und die beiden verkrachten brüder trafen sich 610 im elsässischen seltz. dabei liess sich theudrich übertölpeln, und theudeberts heere griffen flächendeckend über den rhein hinaus an. auch die aare war jetzt keine grenze mehr für sie. bei wanga, wohl wangen an der aare, kam es zum blutigen kräftemessen zwischen alamannen und burgundern, bei dem die alamannen siegten.

in der folge unternahmen die siegreichen alamannen plünderungszüge bis weit nach südwesten vor und zerstörten aventicum ein weiteres (und letztes) mal. der dortige bischof hatte sich angesichts der unsicheren zeiten schon jahre nach lausanne auf den sicheren hügel hoch über dem lac leman zurückgezogen.


bis heute legendenbildend: die hinrichtung der als königin brunichilde durch ihren widersacher könig chlothar II. 613 in renève

königin brunichildes brutales ende

theuderich setzte 612 zum gegenschlag gegen theudebert an, während dem er seinen bruder in metz auch umbrachte. doch fiel auch er einem blutigen anschlag zum opfer und verstarb 613. damit hatte es im austroburgundischen frankenreich einmal mehr keine könige mehr,

– ausser der alten königin brunichilde.

und sie tat, was sie schon beim tod ihres mannes sigibert 575 und eim tod ihres sohne childebert 595 getan hatte: nie nahm der kleinen sigibert, den sohn ihre enkels theuderichs, in gewahrsam und beanspruchte ein drittes mal, die regentschaft für einen ihrer nachfahren führen zu können.

doch jetzt erhoben sich die adeligen von austrien gegen die königin, und sie zogen auch den burgundischen hausmeier auf ihre seite. eine monarchin wollten sie auf keinen fall über sich haben! zusammen riefen sie nach chlothar, dem sohn der fredegunde, um ihn auf den schild aller franken zu heben.

brunichilde floh und versuchte über den jura in burgundische gebiete, die noch zu ihr hielten, zu gelangen, wurde aber in orbe gefangen genommen und an chlothar ausgeliefert. dieser erwartete sie in renève, nahe dijon. er machte ihr den prozess, beschuldigte sie, schuld am tod von 10 fränkischen königen und prinzen zu sein, liess sie foltern, stellte sie seinem heere zur schau, bevor sie auf schreckliche weise gerichtet wurde.

ein jahr darauf liess sich chlothar II. zum könig aller franken erheben, und regierte das reich, das zwischenzeitlich in drei vaterländer, neustrien, austrien und burgund, aufgeteilt war, in personalunion. mit dem edikt von paris 614 musste er aber die weitgehende autonomie des adels anerkennen. selber stand chlothar neutrien vor, während in austrien und burgund hausmeier an seiner stelle das reich verwalteten, und anderem die vorfahren der späteren karolinger.


gregor, bischof von tours, war einer der intellektuellen führer der fränkischen kirche am ende des 6. jahrhunderts; er war auchd er verfasser der “historia francorum” der monumentalen geschichte über die franken, die bis heute unersetzbar ist

die neue macht der bischöfe – ausser bei den alamannen

die macht der adeligen war jetzt die kirche. sie hatte sich zwischenzeitlich dogmatisch auf der basis der dreifaltigkeitslehre verfestigt, mit konzilen eigene instititonen gewonnen, welche das leben der regionalkirchen regelten, und spiesen mit den abgaben, die sie bei den bauern erhoben, ihre eigenen ausgaben unabhängig vom könig. den arbeitsfreien sonntag hatten sie dafür durchgesetzt, an dem sie, von brunichilde beeeindruckt und beänstigt, ernsthaft über die frage nachdachten, ob frauen auch menschen seien und ihn den himmel kommen könnten …

für das schweizerische mittelland war das nicht ohne folgen: die teilung von 561 entlang der aare hatte in der zeit brunichildes weder durch königliche erbschaft, noch durch königliche einflussnahme wettgemacht werden können. vielmehr hatte der versuch, der alten burgundia nach spätantikem vorbild eine ausdehnung zu geben, die bis an den rhein reichte, zum völkerkrieg geführt, den die alamannen gewannen.

es ist nicht bekannt, wie weit die alamannen nach südwesten vorstiessen und sich festsetzen konnten. doch sind die verzweifelten hilferufe der adeligen aus der burgundischen westschweiz, man wolle den eigenen könig wieder haben, unübersehbar.

am wahrscheinlichsten ist, dass der raum zwischen aare und saane nicht mehr besiedelt war und zum grenzraum zwischen alemannen und burgundern wurde, zu deren garant der bischof von lausanne wurde, während der neu eingesetzte bischof von konstanz bei den selbstbewussten alemannischen siedlern im aaretal chancenlos blieb. denn es zeichnet sich ab, dass der römische kriegesgott mars auch im westen des mittellandes in die versenkung verschwunden war, während ziu, der germanische kriegsgott bei den alamannen unverändert hoch im schwang war. nach den vorstössen germanischer schlägerbanden im jahre 260, der burgundisierung des raumes im 5.jahrhundert, der christianisierung der burgundischen könige im 6. jahrhundert, wurde er, ziu, im 7. jahrhundert zum eigentlichen sieger über das aaretal mächtige aaretal.

die plurikulturellen voraussetzungen der herrschaft über das mittelland waren damit geschaffen, und dauern bis heute nach. zius tag wurde der heutige “zischti” (dienstag), – und bis heute streiten sich die lokalen fürsten im deutschschweizerischen fernsehen im “zischtigsclub” um die vorherrschaft über alemannien, während es eine solche sendung im fernsehen der romandie nicht gibt. da interessiert man sich mehr für die fränkische frage, ob der eingewanderte sarkozy oder die einheimische royal monarch oder monarchin werde.

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