von sigismund zu sigismund – die ausrichtung burgunds am katholizimus

teil 5 der serie: “burgund in bern”

teil 4 der serie: “burgund in bern”
teil 3 der serie: “burgund in bern”
teil 2 der serie: “burgund in bern”
teil 1 der serie: “burgund in bern”
vorschau zur serie: “burgund in bern”

sigismund war der zweite könig der vereinigten burgundia. wann er geboren wurde, weiss man nicht. als er jedoch 524 starb, entstand mit seinem märtyrium das verständnis vom heiligen königtum. das war bei sigismund jedoch erstmals nicht mehr im germanischen sinne der fall, sondern im christlich-katholischen.


hl. avitus von vienne, könig sigismund taufpate

sigismund zwischen machtpolitik und religion

gundobad regelte einen der beiden grossen konflikte in seiner burgundia mit dem burgundischen volksrecht. er vermittelte so zwischen den städtischen galloromanen und den romanisierten burgunden auf dem land. die andere grosse spannung versuchte erst sein sohn, sigismund, zu überbrücken. anders als die meisten burgunder, die arianischen glaubens waren, folgte sigismund der trinitarischen strömung im christentum, die im römischen reich die staatsreligion war und im 11. jahrhundert in den heutigen katholizismus mündete. sein ziel war es, burgund auf den pfad des richtigen römischen glaubens zu bringen.

machtpolitisch hielt sich sigismund ganz an die goten. in ravenna regierte theoderich im namen des kaisers in konstantinopel über italien, wo seine ostgoten lebten, und später wachte er auch über die westgoten im südwesten galliens. diese verbindung baute sich sigismund durch die heirat an den gotischen könighof auf. vom glaubensbekenntnis her, richtete er sich aber ganz am kaiserlichen hof in konstantinopel und am papst in rom aus. dieser sah sich auch als verbliebener hüter der imperialen tradition im westen, hatte er doch den kaiserlichen titel des pontifex maximus, des grossen brückenbauers über die konfessionellen strömungen, übernommen. gleichzeitig hatte er den arianismus als erste ketzerbewegung von der kirche ausgeschlossen, weil dieser die trinitität des christlichen gottes leugnete.

sinnbildlich für diesen übergang war sigismunds reise als designierter könig der burgundia. wie sein vater ging er nach rom. doch anders als dieser, eroberte er die stadt nicht mit einem burgundischen heer. und er stürzte auch keine kaiser, den es in rom zu seiner zeit gar nicht mehr gab. dafür pilgerte er in die stadt des papstes, um für ihn zu beten. noch war die burgundische kirche nicht päpstlich; sie meldete aber damit den anspruch an römisch und damit zur staatskirche im grossen rhonetal zu werden.


kloster und schloss st. maurice heute

st. maurice als burgundisches hauskloster

noch vor dem tod seines vater gründete sigismund, der unterkönig in genava (genf) war, in agaunum, heute als st. maurice an der oberen rhone bekannt, ein religiöses zentrum, das den richtigen glauben verkünden sollte. selber hatte er sich vom bischof in vienne, aviatus, taufen und zum trinitarischen glauben bekehren lassen. jesus wurde für ihn so nicht nur ein künder gottes, wie für die anderen burgunder, sondern wie der vater und der heilige geist ein teil der dreifaltigen göttlichkeit.

damit forderte sigismund aber auch die franken heraus. diese hatten die römische staatsreligion schon unter ihrem könig chlodwig, einem zeitgenossen gundobads, übernommen, und so ihren führungsanspruch in ganz gallien markiert. die merowingersippe, die in tournai und soissons über die vereinigten franken und die ihnen unterworfenden alamannen regierte, wartete seither nur auf die gelegenheit, auch die burgundia zu unterwerfen. chlodwig selber hatte im jahre 500 gundobad angegriffen, war dann aber unter dem macht der burgundisch-gotischen heere zurückgeschreckt.


die burgundia zwischen gotischem und fränkischem reich

die krise der königsherrschaft

könig sigismund heiratete nach dem tod seiner gotischen frau ein zweites mal. seine zweite frau war nun, wie er, vom richtigen glauben. und sie misstraute sigrich, dem sohn sigismunds aus erster ehe. sie verpfiff ihn im sechsten jahr der königsherrschaft bei ihrem mann, er strebe nach der königsmacht und wolle den arianismus in der burgundia wieder einführen, der im volk unverändert beliebt war.

sigismund schenkte seiner frau glauben und liess sigerich im affekt umbringen.

aviatus, der taufpate von sigismund, unterrichtete seinen sohn, dass seine tat mit dem richtigen glauben nicht vereinbar sei und dass sie gesühnt werden müsse. sigismund zog sich darauf hin nach agaunum zurück und überliess godomar, seinem bruder, die burgundische königsherrschaft. sigismund bekenntnis zur reue, überzeugte indessen die arianischen goten nicht: sie versagten godomar ihren schutz, denn sigrich war auch von ihrem blut gewesen, und als könig hätte er die burgundia gut mit dem gotenreich verbinden können, womit von der adria bis zum atlantik ein einheitlicher herrschaftsraum entstanden wäre.

nun griffen die franken unter könig chlodomir die burgunder an. zu seinen truppen zurückgekehrt, konnte sigismund nur noch ihre niederlage feststellen. er und seine familie fielen gar den franken in die hände, die sie abschleppten. in der burg von coulmiers, wo sigismund, seine frau und seine zwei söhne gebracht worden waren, wurden sie im jahre 524 gemeinsam in einem brunnen ertränkt.

jetzt fühlten sich die goten von den expandieren franken bedroht, und sie unterstützen den bedrängten burgunderkönig godomar. dieser griff in den alpen bei vézeronce die franken an, und schlug sie mit gotischer hilfe, wobei könig chlodomir selber fiel.

die franken zogen sich danach wieder nach orléans zurück, doch nur, bis theoderich gestorben war. 534 griffen sie könig godomar erneut an, stürzten ihn und besetzen die ganze burgundia. die zeit des selbständigen königtums der burgunder auf römischem boden war damit beendet. eingeleitet wurde dafür die zeit der fränkischen herrschaft über burgund, die wechselhaft genug bis in die mitte des 9. jahrhunderts dauern sollte.


sigismund-kult im mittelalter

bilanz: der sigismund-kult am ende des königreichs burgund

sigismund war es nicht gelungen, die burgundia machtpolitisch zu festigen, wie das sein vater gundobad so mustergültig vollbracht hatte. unter ihm hätte sie zur römischen herrschaft zuerst in südgallien, dann über ganz gallien werden sollen. so wäre die nachfolge des weströmischen kaisertums, das zu gundobads zeiten untergegangen war, burgundisch geworden. man weiss es: dem war nicht so, vielmehr sollte das weströmische kaiserreich erst an der schwelle des 8. zum 9. jahrhundert wieder auferstehen, und war in fränkischer gestalt.

doch begründete sigismund mit seiner religiösen orientierung die geistige tradition burgunds, die in der klosterwelt des mittelalters gross wurde und so den katholizimus dieser zeit prägen sollte. sein märtyrium wurde von der burgundischen kirche zum anlass genommen, ihn zum heiligen zu erheben, womit erstmals ein germanischer könig christlichen glaubens über seinen tod hinaus von der kirche verehrt wurde.

536 wurden sigismunds reliquien nach agaunum, dem heutigen st. maurice gebracht, und mit dem ewigen lob, der laus perensis, tag und nacht besungen. noch heute steht neben dem kloster, das sigismund 515 begründet hatte, die sigismund-kirche.


kaiser sigismund ordnete das untergegangene mittelalterliche königreich burgund neu und erhob die stadt bern zum königlichen stand

seine gebeine sind jedoch 1365 von kaiser karl iv. aus dem hause luxemburg-böhmen, der als letzter kaiser auch die burgundische krone trug, nach prag in den veitsdom gebracht worden. seinen sohn zweiten sohn taufte karl iv. ebensfall sigismund, und der sollte 1414 das zerfallenen königreich burgund neu ordnen: savoyen wurde damals in den rang eines herzogtums erhoben, das sich wiederum wie zu zeiten gundobads um das (obere) rhonetal und die alten alpenübergägne in die lombardei kpmmern sollte, während könig sigismund im gleichen jahr 1414 bern zum königlichen stand erhob und die bedeutung der stadt als zentrum in der alten sapaudia erhob. sinnbildlich hierfür ist das heute noch stehende berner rathaus, das sigismund einweihte.

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