echallens (tscherlitz)

… ist eine station auf dem betriebsausflug des stadtwanderers

die gegend von echallens ist ein siedlungsplatz, dessen älteste spuren bis in die bronzezeit reichen. er war von keltischen und burgundischen stämmen besiedelt, stieg 1351 jahrhundert zu einem mittelalterlichen städtchen auf, das 1476 eidgenössisches untertanengebiet wurde, 1798 vollberechtigt zur helvetik und 1815 ebenso zur schweiz kam. es ist die gegend, aus der meine familie stammt.


echallens heute (quelle: search.ch)

um den namen von echallens gibt es viele geheimnisse. die berner obrigkeit nannte es zwischen 1536 und 1798 gerne tscherlitz. besser wäre aber karlingen gewesen. endungen bernischer gemeinden auf -itz sind gebräuchlich für urspränglich lateinische oder französische ortsnamen, die ins deutsche übertragen wurden. richtiger wäre aber – ingen gewesen, denn das entspricht der welschen endung -ens. was den wortstamm betrifft, dürfte tscherl- eine verhunzung von charl- sein, das sich im ortsnamen versteckt.

die ursprüngliche form zeigt sich in alten quellen. 1141 wird echallens
charlens genannt. etws später erschienen die bezeichnungen challeins, escharlens (1177), eschallens (1228) und eschalleins (1279). echallens ist erstmals im jahre 1315 bezeugt.

das burgundische zentrum

die namensforschung nimmt an, dass sich die älteste, schriftlich nicht bezeugte form von scarlingos oder von caralingos ableitet. das dürfte der name des sippenführers gewesen sein, der sich mit seinen leuten im heutigen echallens niederliess.

es wird auch darüber spekuliert, dass sich dahinter ein besonderer sippenführer versteht. echallens war schon früher besiedelt, ein verkehr- und arbeitsort, der als regionales zentrum galt. wer diesen platz bekam, muss etwas besseres gewesen sein. zudem steckt in den wörter car(a)lingos wie auch scarlingos die silbe carl, was in der regel auf eine führende person verweist.

echallens ist demnach entstanden aus ort, von wo die spippe des caralingos oder scaralingos herkommen. nun, komme ich selber aus der umgebung von echallens.


denkbares gebiet der sapaudia im 5. jahrhundert nach justin favrod (1997), wobei es wenig wahrscheinlich ist, dass die burgunden das ganze gebiet besiedelt hatten, vielmehr ist anzunehmen, dass sie sich vor allem links der aare aufhielten, während der teil rechts der aare im 6. jahrhundert entweder unbewohnt war oder von alamannen eingenommen wurde (quelle: pressedienst der universität lausanne)

doch von wo kamen meine vorfahren? eine dissertation der universität lausanne, 1997 von justin favrod verfasst, räumt mit den alten vorstellungen, die romandie sei von alamannen besiedelt worden, auf. vielmehr verweist er auf die germanischen burgunden, die um 400 in worms über den rhein kamen, das heutige elsass besiedelten und romanisiert wurden. nach ihrem erfolglosen aufbruch richtung trier wurden sie von den römern besiegt und in die sapaudia verfrachtet. diese ist nicht, wie man früher meinte, mit savoyen identisch. vielmehr handelt es sich um das gebiet zwischen jura und alpen im westlichen mittelland.


burgunderin aus dem 5. jahrhundert vor und nach der anpassung an die römische lebensweise (quelle: pressedienst der universität lausanne)

das wichtigste kennzeichen der burgunden, das sie auch in gegensatz zu den alamannen steht, ist ihr verhältnis zur lateinischen kultur. diese haben sie früh und willig aufgenommen, was sich in anpassungen in sitte, sprache und konfession zeigte. obwohl germanischen ursprungs verstanden sie sich selbst als teil des römischen reiches. das machte sie auch für das leben in städten empfänglich. ihre erste hauptstadt war das gallorömische genava, das heutige genf, gefolgt von lugduno, das heutige lyon. vorübergehend war gar orléans ihr königssitz, der dann aber nach chalons, dem heutigen chalons-sur-saone verlegt wurde.

der aufstieg zur (klein)stadt

echallens gehörte in dieser zeit zum bistum von lausanne, das im 6. oder 7. jahrhundert entstand. ende des 12. jahrhunderts begründeten die herren von montfaucon, ein zweig der burgundischen grafen von montbéliard in der heutigen freigrafschaft, die herrschaft echallens. sie liessen in der zweiten hälfte des 13. jahrhunderts, wohl während der unsicheren zeiten im zerfallenen kaiserreich, ein schloss erbauen. 1317 anerkannten sie die die oberhoheit der grafen von savoyen über echallens.


schloss echallens, in der form, wie es die berner wieder aufbauten
foto: silvia ratelband-pally

1351, nach der pest, dürfte aber auch diese erodiert sein, denn echallens bekam von den grafen von grandson das stadtrecht, und eine stadtmauer umschloss das städtchen. in ihm wurde auch ein wöchentlicher markt abgehalten. 1410 kam echallens zu den burgundischen grafen von chalons. deswegen bemächtigten sich die eidgenossen in den burgunderkriegen dieser herrschaft exemplarisch; sie zerstörten das schloss.

1476 endet die burgundische geschichte von echallens. es kam vorerst unter die gemeinsame eidgenössische verwaltung, wurde dann bestandteil der bernisch-freiburgischen vogtei orbe-echallens. nach dem zusammenbruch des ancien régimes kam echallens zum kanton léman, der mit der mediationsverfassung im kanton waadt aufging.

ganz von echallens bin ich allerdings auch nicht. vielmehr bin ich heute bürger von malapalud, einem ort, der in burgundischer zeit zu echallens gehörte, dann ein bauernweiler 5 kilometer ausserhalb wurde. die leute von malapalud waren wohl eher die einfacheren bauern, bewohnten sie doch die schlechte gegend: malapalus heisst nichts anders als der schlechte sumpf. und die bauern dort hiessen nicht simpleres als langfelder, eben: longchamp. ohne s. sie sind halt besonders geblieben.

burgund-wanderer

einen kurzen überblick über meine ältesten vorfahren gibt es hier: die burgunden als einwanderer in der schweiz

aventicum (avenches)

… ist eine station auf dem betriebsausflug des stadtwanderers

aventicum war der hauptort der römischen civitas helvetiorum im schweizer mittelland und religiöses, politisches und wirtschaftliches zentrum der helvetier. es war mit 20000 einwohnerInnen die grösste stadt auf schweizer boden. wie alles, was mit dem römischen reich zu tun hat, dominiert aber auch bei aventicum die perspektive des aufstiegs, des höhepunkte und des niedergangs der stadt.

der aufstieg

aventicum ist von der keltischen quellgöttin aventia abgeleitet. der name blieb so stark im bewusstsein der leute verankert, dass er andere, von den römern gegeben namen stets überlebte. im 6. jahrhundert verwendete man den stadtnamen auch in der weiblichen form als aventica.

die ursprünge des ortes gehen auf ein von den helvetiern im 1. jahrhundert vor christus gegründetes keltisches oppidum zurück, das vermutlich nach der rückkehr aus bibractae angelegt worden ist, bis heute aber nicht genau lokalisiert werden konnte. bei en chaplix, nahe dem heutigen avenches, wurde ein grabmal gefunden, das auf das jahr 15 vor christus datiert wird, und der älteste fund in der gegend ist.


dreidimensionale darstellung von aventicum, CAD-Projekt im Bereich Cultural Heritage, angeboten für Studierende der Architektur an der ETH-Zürich

unter kaiser claudius (41-54) änderte das keltische aventicum sein gesicht, denn alle häuser wurden alle in stein umgebaut. kulturell war das ein erheblicher sprung, den die helvetier lebten in holzhäusern.

der höhepunkt

unter kaiser vespasian (69-79), der einen teil seiner jugend in aventicum verbracht hatte, wurde aventicum eine römisch kolonie. sie überflügelte vindonissa,und wurde sitz von veteranen, die sich im krieg gegen die einheimische bevölkerung oder in den legionen, die gegen germanen kämpften, verdient gemacht hatte. die stadt hatte damals vermutlich den namen colonia pia flavia constans emerita helvetiorum foederata.


bildliche darstellung von aventicum zur besten zeit

in den zeiten vespasians entstand die stadtmauer. die wirtschaft erhielt neue impulse, was sich in vermehrter bautätigkeit niederschlug. neben den wohn- und gewerbehäusern entstanden grosse repräsentationsbauten, darunter das amphitheater, das römische theater sowie die tempelanlagen und cigognier. das forum wurde im schnittpunkt der beiden hauptachsen decumanus maximus und cardo maximus angelegt.

ihr wasser bezog die stadt aus brunnen und von einem aquädukt. ein etwa 800 m langer kanal und ein neuer hafen in der nähe der stadtmauer erlaubten den transport des nötigen baumaterials. in aventicum stand auch eine wassergetrieben mühle, die erste dieser art nördlich der alpen.

unter vespasian war aventicum ein teil des römischen grenzgebietes belgica. unter seinem sohn, kaiser domitian, ändert sich das: um 89 nach christus wurde aventicum in die provinz germania superior mit mainz als hauptstadt eingegliedert.

regiert wurde aventicum von zwei magistraten (duoviri), zwei aedilen und zwei präfekten. die duoviri waren gleichzeitig priesters, stadtvorsteher und richters.


aventicum und seine nähere umgebung (quelle: uni bern press)

die helvetische aristokratie konnte ins römische bürgerrecht aufgenommen werden. bekannt hierfür ist die familie der camilli. ritter gaius iulius hatte von 39 bis 69 n.Chr. an in mainz als tribun gedient. nachher verrichtete er in seiner heimatgemeinde den kaiserkult. seine tochter julia festilla war ebenfalls kaiserpriesterin. sie gilt als die älteste, auf dem gebiet der schweiz namentlich bekannte frau.

der niedergang

mit den ersten einfällen der alamannen in den jahren 259 und 260 begann der langsame niederung von aventicum. dabei kam es zu plötzlichen verstecken von wertgegenständen in flüssen und böden, die heute wertvolle archäologische funde sind. dazu zählt in aventicum auch die berühmte büste des philosophenkaisers.

beim überqueren des rheins heimwärts scheinen die alamannen in die defensive geraten zu sein. sie haben verschiedene ihrer schätze im rhein versenkt. die auswertung der herkunftsorte lehrt, die alamannenangriffe in helvetien neu zu interpretieren: demnach wäre der angriff nicht über augusta raurica oder vindonissa auf aventicum erfolgt. vielmehr wären die alamannen nördlich davon in gallien eingedrungen, hätten sie in verschiedenen zügen den mittleren und südlichen teil geplündert, und wären sie erst auf dem rückweg über lyon und genf ins helvetiergebiet gekommen.


quelle: der barbarenschatz, stuttgart 2006 (anclickbar)

das römische reich überlebte die gleichzeitigen einfälle der germanen im norden, der sassaniden im osten und der berber im süden noch einmal. es wurde unter diokletian als spätantikes kaiserreich neu gegründet.

seit dem 4. jahrhundert war aventicu sitz eines bischofs. zwei frühchristliche kirchen, saint-martin und saint-symphorien, sind belegt. mit der einwanderung der burgunden im 5. jahrhundert wurde ein teil von aventicum wieder aufgebaut. gleichzeitig zerfiel die römische herrschaft nördlich der alpen.

nach 534 aventicum ein zentrum der fränkischen könige von reims. 561 dürfte der definitive niedergang begonnen haben. das mittelland, in helvetischer zeit eine einheit bildend, wird entland der aare. die grenze markiert gleichzeitig die grenze zwischen den fränkischen königreichen von burgund resp. von austrasien. sie scheidet auch die völkerschaften der burgunder und alamannen.

bischof marius, der als schriftsteller bekannt wurde, verlegte in dieser zeit seinen sitz von aventicum nach lausanne, wo der hügel über dem lac léman schutz bietet. aventicum versinkt nun in die dedeutungslosikkeit. 610 wird es von den alamannen gänzlich zerstört.

erst im 11. Jahrhundert wird es von lausanner bischof burkhart von oltigen als mittelalterliche stadt neu gegründet und nun definitiv auf den hügel verlegt, wo heute noch avenches steht.

burgund-wanderer

tathaus statt rathaus

lieber andreas rickenbacher

heute ist dein grosser tag: vereidigung als bernischer regierungsrat im ehrwürdigen rathaus von bern. ich wünsche viel erfolg bei deiner neuen tätigkeit als volkswirtschaftsdirektor!


der neue bernische volkswirtschaftsdirektor schreitet zur tat (foto: stadtwanderer, anclickbar)

erinnere dich gelegentlich an die stadtwanderung 2005, als wir auf dem müsnterplatz vor “deiner” direktion halt machten und mit dem ganzen gfs.bern ausschau hielten, bis zu welchen europäischen zentren bern einmal reichte. nimmt das als massstab, dass es eurer wirken in der neuen regierung bern mit tat und kraft erfüllen möge, und dass es über kantons- und landgrenzen ausstrahle.

ich bin natürlich ein wenig stolz, der erste arbeitgeber des neues chefs für das allgemeine wirtschaftliche wohl des kantons bern zu sein. ich erinnere mich gut, wie du damals 1992 bei mir begonnen hast.

zwar ist bis heute unklar, ob das am 1. oder 2. mai war, als du zu arbeiten begonnen hast. es ist mir aber noch klar, mit welchem elan du an die arbeit, die ewr-volksabstimmung vorzubereiten, gegangen bist. das hat mich beeindruckt und gezeigt, dass du politische weichenstellungen erkennst und deine tätigkeiten zielstrebig darauf hin ausrichten kannst.

gut, das ergebnis kam anders, und damit muss man in der direkten demokratie leben. das war seinerzeit so, und das wird wohl auch inskünftig bei dir gelegentlich der fall sein.

du weisst aber, dass du bei mir ein zweites mal anlauf genommen hast und ein ausgezeichneter assistent der geschäftleitung resp. ein sehr guter projektleiter geworden bis. du warst schnell eine man der tat, und gfs.bern verdankt dem in der aufbauphase viel. merci!


foto: stadtwanderer

als du mit dem wunsch gekommen bist, in die bernische politik einsteigen zu wollen, hat mich das nicht mit begeisterung erfüllt. verzeich mir das! du hast, und das zeugt von grösse, meine bedingung angenommen: nicht bei einem milizamt stecken bleiben, sprich als grossrat auf- und abzusteigen, sondern auf einem vollamt zu arbeiten. ob das nun stadtpräsident oder regierungsrat heisst, war mir egal. nun hast du das beste daraus gemacht, was mich besonders freut.

in letzter zeit habe ich in der mediendokumentation über gfs.bern häuftig mir unbekannte artikel erhalten. das hatte einen grund: mein ehemaliger mitarbeiter und regierungsrat in spe gab in seiner biografie getreu an, einst beim gfs-forschungsinstitut, wie es damals hiess, gearbeitet zu haben. der compi hast so nicht nur unsere, sondern auch deine aktivitäten erfasst. so war ich immer gut informiert über deinen engagierten wahlkampf und über deine interviews vor und nach der wahl.

bleib ein mann der tat! mach aus dem rathaus ein tathaus. ich werde es genau verfolgen, was du aus der berner wirtschaft machst, wenn ich bei meinen fast täglichen spaziergängen am rathaus vorbeikomme!

schöne zeit

stadtwanderer

der neue volkswirtschaftsdirektor