ab ins pfefferland

zugegeben, so wie es geregnet hat am wochenende, mag man nicht wandern. weder stadt- noch landwandern. also ab ins museum. die interessanteste ausstellung gibts momentan in … murten: histo museum, in der alten mühle, am stadtrand. aber nix hauehaue, von den alten schweizern gegen die burgunder.

die ausstellung ist echt scharf: sie heisst “feurigrot und safrangeld”, und es geht um gewürze.

organisiert wurde sie von dr. susanne ritter-lutz. das material ist zwar auf deutschland ausgerichtet, für die schweiz aber adptiert worden. das caché ist speziell, man wähnt sich auf einem gewürzschiff, überall kisten, einige weltkarten, und schon ist man verzaubert durch farben, düfte und fantasien. gezeigt werden gewürze, zum selber anmachen und probieren (kosten), natu-kultu-histo informationen zu den wichtigsten gewürzen kommen hinzu, sowie heutige herkunftsgebiete und geschichten, wie es dazu kam. ganz schön nützlich, denn wer weiss schon, dass paprika nicht aus ungarn kommt! und kümmel schon die pfahlbauern kannten.

lokalkolorit kommt dort rein, wenn es zum absinth übergeht: aufstieg, ausdehnung der produktion vom vallée de joux nach murten (und nach frankreich), familie petitpierre, exporte in die halbe welt, höhepunkte, doch dann wirtschaftliche krise und schliesslich verbot per volksabstimmung!

den abschluss der ausstellung bilden audiovisuelle aufzeichnungen, von denen mit das märchen von vanillia und chokolati am besten gefallen haben. herzig, diese verführerische kombination …

am schluss noch ein paar nette worte ins gästebuch gesetzt, zu einem gelungenen nachmittag. danke, frau ritter! das essen am 20. august nehm ich gerne mit ein!

toll auch die bücher beim verkaufstisch, hab gleich drei erstanden. am besten gefallen hat mir “streifzüge im pfefferland. geschichten aus der welt der gewürze”, herausgegeben von drei schweizer ethnologinnen (charlotte beck, romana buechel, michele galizia), amazonpreis: eur 19.90. man liesst sich flüssig durch, geordnet nach gewürzen: geschichte und geschichten. weder beim kochen, noch beim essen wird man sich der welthistorischen zusammenhänge bewusst. europa: auf der suche nach gewürzten; geschichte der expansion als geschichte der gewürzsuche! wie schnell man das vergisst.

spannend ist das schlusskapitel, verfasst von einer vietnamesisch-schweizerischen ethnologin, die das berner essen “worscht u brot” erforscht. für sie ist das gar kein essen, maximal noch eine nahrungsmittelzufuhr. denn: essen, das ist essen-ziell, das muss man was erleben, was lernen, was weiter geben! essen ist leben, eben kultur.

da kann ich nur sagen: ab ins pfefferland, und en guete!

tellerwanderer

mehr zur ausstellung: museum murten

osternrituale in der politik, – ein nachtrag zu den berner wahlen

ostern und berner wahlen

ostern, das ist seit jeher ein ritual, – ein übergang kultureller, religiöser und politischer natur.

den vogel abgeschossen hat dabei 2006 die junge svp bern, die mal wieder streit hat, und in kampfwahlen vorstandsmitglieder gestürzt hat. man ist sich des feinstaubs wegen in die haare geraten, hess und koch heissen die beiden jungtürken, die sich gar nicht mögen, und sie haben die dienstagzeitungen mit ihren ab-wahlen reichlich gefüllt.

deutlich würdevoller ging es früher zu und her an ostern. politisch wars allemal, denn an ostern hat man traditionsgemäss eide geleistet, behörden bestellt und untergebene eingesetzt. im alten bern war es der tag des schultheissen

zunächst war der schultheiss ein herrschaftlicher beamter. selber wurde er vom stadtherrn eingesetzt, und bei dessen abwesenheit vom stadtvogt. diese waren für die blutgerichtsbarkeit zuständig, derweil der ursprünglich schultheiss für die niedere gerichtsbarkeit eingesetzt wurde.

ob es schon zu zeiten der zähringer einen stadtherrn gegeben hatte, ist unklar. belegt ist der schultheiss in bern erst seit 1223, – einer zeit, in der man schon königliche reichsstadt war. besetzt wurde das amt in der regel durch einen kleinadeligen aus der region. seit 1224 hatte der schultheiss auch einen rat um sich, der ursprünglich aus 12 stadtbewohnern bestand. vor allem bei steuererhebungen wurde der rat erweitert, um die opposition zu mindern, und so wurde 1249 ein rat der 50 erst- und auch letztmals erwähnt. was mit ihm geschehen war, bleibt sogar bewanderten stadthistorikern unklar. sicher ist aber, dass damit erstmals die städtische einwohnerschaft im kampf gegen die kiburger miteinbezogen worden war, und dass die politische mitsprache, vor allem in der darlehenspolitik vorübergehend erweitert worden war.

1294 wurde der zweiteilige Rat mit der grossen verfassungsreform, die der deutsche König Adolph von Nassau gefördert hatte, institutionalisiert, und er hiess nun kleiner und grosser rat. die grösste und einzig richtige reform der alten ordnung bis zum einmarsch der franzosen 1798 war wegen grossen turbulenzen nötig geworden. möglich wurde sie 1293 durch den rücktritt von schultheiss ulrich von bubenberg, ein nachfahre von cuno von bubenberg, der im auftrag der zähringer die stadt gebaut hatte. in den vorangegangenen heftigen streitigkeiten (siehe junge svp), ausgelöst durch zwei stadtbrände 1285 und 1287 und durch die militärische niederlage von 1289 gegen das haus habsburg, bestimmte man im frühjahr 1293 einen eindeutig auswärtigen adeligen als schultheissen. die wahl fiel auch auf jakob von kienberg, einen dienstmann der grafen von frohburg (konfliktregelung auf schweizerische art!).

am 18. februar 1294, dem todestag von herzog berchtold von zähnringer, trat dann die neue ferfassung in fraft. fast hundert jahre nach der stadtgründung hatte man ein neues kleid! mit diesem akt wurde auch die zahl der kleinräte von 12 auf 24 erhöht, um den rat für die bürgerschaft zu erweitern, ohne dass die regierenden Familien auf ihren einsitz in den rat verzichten mussten. konfliktregelung à la bernoise ..

der grossrat, rat der zweihundert genannt, wurde parallel dazu gebildet. je 50 Personen auf den 4 stadtquartieren bildeten ihn. diese waren damit zu wahlkreisen geworden, und das spiegelte sich auch im dritten gremium, das damals geschaffen wurde: je vier vertreter der 4 quartiere bildeten den 16er, der das vorschlagsrecht für den grossen rat hatte. in den 16er wurde man für ein Jahr gewählt, und die Wahlen in den grossen und kleinen rat erfolgten nun jährlich. im grossen rat dominierten die handwerker und gewerbetreibenden, während die bisherigen adelsfamilien im kleinen rat stärker blieben. bauern, die politik betrieben, gabs damals noch nicht …

der politische kampf ging nun um den 16er los, denn der war auch das faktische sprungbrett für den zugang zum kleinen rat. die adeligen familien der von bubenberg und von aegerten setzten sich dabei(erneut) durch, aber auch die faufmannsfamilie münzer (omen est nomen!), die später auch schultheissen stellte, war stark im kleinrat vertreten. 1344 kam es dann zu einer aenderung im magistrat; man war von der stadt ins land hinaus gewachsen, und man machte sich daran, die stadt ein weiteres mal zu erweitern. nun bildeten nicht mehr nur der schultheiss, der rat und die zweihundert die stadtbehörde, jetzt wurden auch die heimlicher und die venner innerhalb des kleinrates speziell erwähnt. aufwärtung als bernoise! zuständig waren diese für die finanzaufsicht (also eine frühe fiko!, und jene vertraten als jüngstgewählte im kleinen Rat die interessen des grossen rates. venner und heimlicher waren auch für das militärische aufgebot zuständig, und ihnen oblag es auch die fron- und führdienste zu organisieren, die es für den stadtunterhalt brauchte. speziell ausgeschieden wurde jetzt auch der säckelmeister, der ungeldner, der böspfenniger, der einunger, die bauherren, die tellherren und die zollherren (erklär ich später, was das alles heisst).

bis 1417 hatte der grosse rat im dominikanerkloster getagt, heute franzosenkirche, danach hielt man die sitzung in der ratsstube des neu gebauten ratshauses ab. auch der kleine Rat hatte hier seine wirkungsstätte, und die kanzlei gleich nebenan, bezog nach der reformation eine neue bleibe. in der phase, in der bern auf dem land stark wuchs, setzte man auch eine neue herrschaftstechnik ein: volksanfragen, – eine frühform der direkten demokratie. den grossen rat liess man bis auf 400 mitglieder anwachsen, um ihn zu entwerten! versammeln durfte er sich nurmehr auf geheiss des schultheissen …

nachdem die eidgenossen im kaiserreich einen autonomiestatus erhalten hatten (1499), setzte sich bald durch, dass die republik Bern (nach römischem vorbild) zwei schultheissen hatte, die sich abwechselten: jeweils einer war der stillstehende, der andere war der vorangehende. 1536 hatte der kleinrat zudem 25 mitglieder an der spitze standen nebst den beiden schultheissen der säckelmeister, ab 1536 der deutsch- resp. welschsäckelmeister. ihm resp. ihnen folgten die vier venner, welche die stadtquartiere repräsentierten. die 8 männer waren die wichtigsten in der regierung. faktisch wurde der kleine Rat nun von kaufleuten, dandwerkern und gewerbetreibenden, teils als nobilisierte familien beherrscht; die alte Adelsschicht der von bubenberg war ganz verdrängt worden waren und starb (bankrott) auch aus! auch mit dem katholischen zauber der volksanfragen räumte man auf, nachdem sich verschiedene versammlungen auf dem land geweigert hatten, zur reformation überzutreten.

der grosse rat hatte nominell nun noch 299 Mitglieder. ihm oblag es, bündnisse abzuschliessen resp. über frieg und frieden zu entscheiden. er war also für berns aussenpolitik zuständig geworden. die mitgliedschaft im grossen rat war jedoch wichtig, um zu den regierenden familien zu gehören. nur wer das schaffte, konnte kleinrat werden, und nur wer im grossen rat sass, könnte sich chancen auf ein amt als landvogt in den untertanengebieten ausrechnen.

gewählt, pardon, bestätigt wurden gross- und kleinräte an Ostern, – ganz so wie heute (oder vor einer woche). die jährlich wahl wurde jedoch ausgesetzt, denn man liess man die zahl der grossräte kontinuierlich sinken, bis sind minimal noch 200 betrug. die besetzung des grossrates fand somit nur noch alle 8 oder 10 jahre statt! so führte man “legislaturen” ein …

der neue magistrat wurde am ostermontag in sein amt eingeführt. er tagte im wahrsten sinne des wortes: die sitzungen begannen im sommer um sechs, im frühling und herbst um sieben, und nur im winter tagte man erst um acht.

ist es Zufall, dass der regierungs- und grossrat diesmal wieder fast an ostern gewählt wurde? nein, sicher nicht, denn der brauch der eidesleistung lag seit dem 13. Jahrhundert immer an ostern. und das hat auch die demokratisierung von 1831 nicht geändert. klar ein paar Unterschiede gibt es heute schon:

die Parteien machen heute die vorschläge, nicht mehr der 16er.
das Volk wählt regierung und parlament, nicht mehr die regierung wählt das parlament, das dann die regierung wählt.
und beide gremien sind kleiner geworden: rer Regierungsrat und der gemeinderat haben zwischenzeitlich je 7 Mitglieder, statt der 2+25 wie früher. der dtadtrat hat 80 und der grosse rat, erstmals in seiner geschichte nicht mehr 200, sondern nur noch 160 Mitglieder.

das eben macht demokratie rebulik aus; die alte republik war eben aristokratischer natur.

geblieben ist aber, das man grad nach ostern kaum politische programme verkündet, ausser bei der jungen svp (streit) und beim papst benedikt XVI., der mit seiner konservativen familienrhetorik übers osterwochenende angriffslustiger geworden ist.

soviel vom suchen der kleinen eier, welche die geschichte bis heute versteckt hält, grüsse

ostereier-such-wanderer

berner sklavenhandel

Sehr geehrte Frau Aebersold
Ich wende mich mit einem Gruss von Peter Olibet an Sie. Ich habe am 6. Mai in Bern eine Lesung mit meinem Buch “Reise in Schwarz-Weiss”. Da ich die Berner Szene nicht so kenne, wende ich mich von St.Gallen aus einfach an Sie mit der Bitte, diese Veranstaltung etwas zu verbreiten und dieses Mail an interessierte Leute weiterzuleiten. Mit herzlichen Grüssen
Hans Fässler

Samstag, 6. Mai 2006, 20.00 Uhr in der Reitschule, Bern:

Hans Fässler liest im Rahmen des Reitschulfests im Infoladen aus seinem Buch “Reise in Schwarz-Weiss. Schweizer Ortstermine in Sachen Sklaverei”
(Rotpunktverlag Zürich, 2005) und erzählt von seiner Arbeit am Thema. Dabei wird auch das Kapitel “3011 Bern, Rue des Gentilshommes: Nichts Unmenschliches” nicht zu kurz kommen.

Hans Fässler
Cunzstr. 31
CH-9016 St.Gallen
Tel. P 071 288 39 52

sklavenhandel

berner sklavenhandel

einladung nach basel

Lieber Herr Lonchamp: und wie interessiert mich das Stadtwandern. Nehmen Sie auch mal Basel unter die Füsse? Das wäre ganz toll. Wenn
ich etwas dazu beitragen könnte, würde ich das gerne tun. Ich bin stadtinteressierte Basler Grossrätin und kann ev. bei der Vermittlung von Kontakten behilflich sein. Mit freundlichen Grüssen und den besten Osterwünschen, Beatrice Alder

guten tag frau alder!

klaro, interessiert mich das, bern ist für mich einfacher wegen der erreichbarkeit, habe aber verschiedene kundschaft in basel, melde mich, wenn ich mal unterwegs bin! denn basel kenne ich nur aus früher kindheit, ein wenig aus fasnachstperspektive und von gelegentlichen besuchen der uni und der beyeler foundation. da kann man sicher viel ergänzen! mich interessiert natürlich auch hier die kulturgeschichte, die in basel so reichlich ist: magisches basel, keltische spuren, basel als frühe bichofsstadt, basel als burgundisches zentrum, kirchen- und klöstergründungen (kathedrale, st. alban als ableger von cluny), basel als kaiserstadt (heinrich, cunegunde), basel und das grosse erdbeben (gibt es noch spuren), basel als hafen und handelszentrum, basel als sitz des konzils, die basler universität, basel als eidgenössischer ort, basel und die reformation, basel und die französische revolution, basel und seine landschaft, basel und seine intellektuellen (wie euler, plattner, erasmus, bachofen, burckhardt …), und selbstverständlich die fasnacht, die zünfte, die messe, die industrie, die quartiere, das rote basel, bürgermeister wettstein, der 1648 die unabhängigkeit der schweiz verhandelte, kurzum, ich kenne – aus der perspektive des stadtwanderns – vieles nicht!

gruss

bernwanderer