20 minuten für ein bild und einen text

zuerst war ein plakat. dann ein spannungsaufbau. und jetzt die lösung. mit exklusivem bericht beim “stadtwanderer”.

topelement
offizielle version der rätsellösung gemäss 20 minuten – die inoffizielle gemäss stadtwanderer folgt …

seit einigen tagen hängt an bester lage beim berner hauptbahnhof ein plakat. gezeigt wurde ein mann – von hinten. die gepflegte frisur, das dunkle haar mit wenig grau meliertem dazwischen erinnert einen – an einen bildschnitt aus dem “club”. doch auf dem plakat findet sich kein name. dafür reichlich politisches. “spannungsaufbau” nennt man das in der politwerbung.

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das seien seine kernbotschaften im nationalratswahlkampf, erklärte gestern mittag matthias aebischer dem reporter von “20 min“. der wollte über den unbekannten auf dem bild berichten, denn heute soll das rätsel aufgelöst werden. kandidat aebischer will sich um 180 grad drehen (nicht politisch) und seinen wählerInnen inskünftig direkt in die augen sehen.

mit dem stadtwanderer haben die beiden kommunikationsfachleute jedoch nicht gerechnet. aufgefallen war mir das plakat ende letzter woche, und es war mir klar, dass ich daraus eine geschichte machen werde. schliesslich ist meine “ali kebap” geschichte immer noch die meist gelesenste auf dem stadtwanderer.

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“früh, sehr früh” starte die kampagne, gebe ich dem fragenden reporter zur antwort. denn personenentscheidungen würden in der regel erst im herbst fallen, “in den 6 wochen vor der wahl.”

er habe nur ein kleines budget zur verfügung, kontert aebischer, deshalb wolle er auffallen, bevor es alle anderen auch versuchen, begründet er seinen auftritt wider den mainstream.

“hält er das durch?”, will der reporter wissen.

sicher bin ich mir nicht. werberisch wäre das nur mit einer grossten stange geld möglich. doch das schafft nicht einmal c.b. aus h. publizistisch kann man es mit einer ereignishaften wahlkampagne versuchen, die früh aufmerksamkeit erheischt, und das interessen dann journalistisch hoch hält.

dass man das risiko eingeht, hat wohl mit der situation auf der sp-liste zu tun: andre daguet tritt vorzeitig zurück, macht damit platz für seinen wunschnachfolger. lumengo, der ausgetretene, kandidiert wieder, aber auf einer eigenen liste. und auf der männerliste der berner sp hat es drei promis, die einsteigen wollen: alex tschäppät, der stapi, jacques de haller, der ober-arzt, und eben matthias aebischer, der mann, den man vom tv kennt.

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ich habe verschiedene tv-mitarbeiter kennen gelernt, die ihre bekanntheit für eine politische karriere nutzen wollten. der erste war toni schaller, in den 90er jahren chefredaktor. er verrechnete sich, als er der wählerschaft kurz und bündig mitteilte, “ich bin kandidat”. weder wurde er für den landesring zürcher regierungsrat, noch scahffter er es in nationalrat. sein scheitern begründete gar das ende des ldu. besser machte es filippo leutenegger, ebenfalls chef der leutschenbach-redaktionen, als er sich für ein nationales parlamentsmandat bewarb. er hatte bemerkt, dass es nicht nur um bekanntheit, sondern auch um positionierung geht, wenn man gewählt werden will. vermutet hätte man, dass er für die svp antreten würde, effektiv fand man ihn auf der fdp-liste wieder. um sein liberales credo zu kommunizieren, erzählte der quereinsteiger allen von seinem privat initiierten kinderhortprojekt. familie ja, aber ohne staatsknete, kam da rüber.

äbischer, heute bekanntlich nicht mehr beim fernsehen, dafür lehrbeauftragter für tv-journalismus in freiburg und winterthur und hausmann, setzt noch deutlicher auf themen: familie, bildung, öv und erneuerbare energien sind seine schwerpunkte. rhetorisch fragt er, wer sich dafür einsetze. er und sein sp kann man ab heute auf dem gewendeten plakat nachlesen.

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übrigens, mein überraschender kurzauftritt während der fotosession sorgte für eine kleine aufregung. spätestens mit meinem schnapschuss aus meiner kamera wurde allen klar, dass ich hierzu bloggen werde. eigentlich ganz gut in einer ereignishaften kampagne, dachte ich mir. doch dem berichterstatter von der geschriebenen presse wurde sofort klar, dass ich schneller sein könnte, der primeur damit futsch sein könnte. denn mehr als 20 minuten brauche ich nicht, um ein foto aufs web zu bringen, und einen text dazu zu stellen. damit die kirche im dorf und matthias im gespräch bleibt, einigte wird uns auf eine einvernehmliche publikationsabfolge …

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

2 Gedanken zu „20 minuten für ein bild und einen text“

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