rom. ist nicht mehr

es war sicher kein zufall, dass monika rosenberg in der nzz unter dem kürzel “rom.” publizierte. denn die tochter des legendären cvp-generalsekretärs martin rosenberg entstammte dem politischen katholizismus, der sich in den bundesstaat integrierte. nun ist rom. nicht mehr.

monikakennen gelernt habe ich monika rosenberg erst, als sich die nzz-bundes- hausredaktorin ende 2006 anschickte, ein porträt von mir zu schreiben, das im “folio” zum thema politberater erschien. doch das war nicht alles. denn monika rosenberg war die erste, welche meine leidenschaft als stadtwanderer beschrieb und die passion mit teilnahmen an rundgängen auch überprüfte.

so habe ich eine gleichzeitig wache, informierte, kritische und respektvolle journalistin kennen gelernt, die ihre arbeit schätzte, aber auch die anderer. was sie schrieb, stimmte, und doch wusste sie, dass geschriebenes verschiedene, ja bleibende eindrücke hinterlässt, die nicht immer bei allen gleich gut ankommen. so liess sie mich das porträt integral gegenlesen. wir beide waren uns einig, dass es stimmig sei und wunderten uns gemeinsam, als dann eine fassung erschien, die wir beide nicht gesehen hatten.

“ich bin edel, im denken und handeln”, hiess einer der merksätze für das leben, an monikas schwester lydia, heute als kloster baldegg lebend, aus ihrer gemeinsamen zeit im blauring erinnerte. versammelt hatte man sich dafür in berns dreifaltigkeitskirche, wo alle kinder der familie rosenberg getauft worden waren, und die meisten von ihnen kirchlich aktiv waren. aufgewachsen waren sie alle in der parterrewohnung des generalsekretariats, wo der vater, martin rosenberg aus bünzen im freiamt hauste und familie und partei in einem führte. politisch sozialisiert wurden die kinder, als die cvp noch die kk war, aber unter führung des hausherrn die zauberformel für die wahl des bundesrates begründete und mit leben füllte.

das brachte die gelernte historikerin nach ihrem studium zuerst in die konservative parteipolitik, dann in den liberalen journalismus. “ich habe im ständerat dilettiert”, sagte rene zeller, heute inlandchef der nzz, in der würdigung der journalistin rosenberg. “monika hat als unbestechliche berichterstatterin im nationalrat reüssiert”. das klang so ohne umschweife, dass allen klar wurde, wer im gespann das sagen hatte. und es machte auch klar, dass sich die generation von monika rosenberg vom politischen katholizismus des 19. jahrhunderts verabschiedet und ganz in die moderne des bundesstaates zur jahrtausendwende integriert hatte.

letzten sommer erfuhren alle, die monika rosenberg kannten oder lassen, dass sich die damals 62jährige ruckartig aus dem beruflichen leben abmelden musste. und so sah man die weitgereiste immer weniger am türkenstand “meze” in der berner markthalle ihren mittagimbiss einnehmen. eingeweihte wussten um ihre schwere krankheit, der sie jetzt erlegen ist; andere erführen es am letzten samstag aus der zeitung.

“herausgegriffen” hiess die liebste kolumne der jounalistin rosenberg, mit der sie das schräge in der ordnung des bundeshaus auf ihre art herauszugreifen und ironisieren wiederzugeben pflegte. nun ist monika rosenberg selber herausgegriffen worden – aus dem leben. “der tod ist nichts”, sagte ihr bruder felix rosenberg an der abschiedsfeier. er ist nur der seitenwechsel nach dem irdischen leben – einer edlen journalistin füge ich bei, in einer zeit, in der die meisten ihrer berufskollegInnen die feine klinge der sprachmacht mit der lauten polemik der medienmacht tauschen.

rom. ist tatsächlich nicht mehr.

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

2 Gedanken zu „rom. ist nicht mehr“

  1. Ein berührender Text über eine Berufskollegin, die mir erst durch diesen persönlich bekannt war. (Kleine Justierung fällig im Satz “so habe eine glichzeitig wache, informierte, kritische und respektvolle journalistin kennen gelernt …”). Leider weiss ich nicht, wer Du bist, mein lieber Stadtwanderer. Schade. Mir bleibt so ein lesenswerter Autor verborgen, der ebenfalls “die feine Klinge der Sprachmacht” führt, um mit Deinen Worten zu sprechen.

  2. danke für den hinweis, habe den satz begradigt.
    wer ich bin? klick doch auf folio, und erkennst mich sicher. wir hatten schon mal miteinander zu tun.

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